Die Zustimmung zur Fair-Food-Initiative bricht weg. Zwar hätten Anfang September noch 53 Prozent der Stimmenden Ja gesagt – doch der Nein-Trend ist eindeutig. Überraschend kommt der Einbruch für die Präsidenten der fünf grössten Parteien nicht.
CVP-Präsident Gerhard Pfister, SP-Präsident Christian Levrat und Grünen-Präsidentin Regula Rytz weisen darauf hin, dass es für Volksinitiativen normal sei, dass die Zustimmung im Laufe der Zeit abnehme. «Die konkrete Auseinandersetzung mit dem Thema zeigt eben die Nachteile auf», sagt Pfister.
Parolen der acht grössten Parteien zur Fair-Food-Initiative
JA | SP | Grüne | EVP |
NEIN | SVP | FDP | CVP | BDP |
Stimmfreigabe | GLP |
Linke kritisieren Gegner und Medien
Auch FDP-Präsidentin Petra Gössi und SVP-Präsident Albert Rösti führen den Meinungsumschwung auf die Argumente gegen die Initiative zurück. «Die Schweizer Bevölkerung will weder steigende Preise noch weniger Auswahl», sagt Gössi. Sie weist zudem darauf hin, dass die erste Umfrage vor Kampagnenstart durchgeführt worden sei.
Es wird ein Fotofinish.
Die Befürworter der Initiative hingegen sehen andere Gründe für den Einbruch: «Die wenig wohlwollende Medienberichterstattung der letzten Wochen hat sicher ihren Teil zum Verlauf beigetragen», sagt Christian Levrat (SP). Regula Rytz (Grüne) spricht von «David gegen Goliath».
«Die Gegenseite hat nicht nur sehr viel mehr Geld als wir, sondern schreckte auch vor Lügen nicht zurück.» So sei der Konsumentenschutz in der Westschweiz in Inseraten fälschlicherweise zum Nein-Lager gezählt worden. «Es wird ein Fotofinish», sagt Rytz. Auch Christian Levrat will für den 23. September keine Prognose abgeben.
Spinnerszenarien wie jene von Avenir Suisse könnten das Nein noch gefährden.
Anders die Initiativ-Gegner. Sie zeigen sich siegessicher: Die Parteipräsidenten von CVP, FDP und SVP gehen alle von einer Ablehnung aus. «Wir erwarten, dass die Bevölkerung keine steigenden Preise will und deshalb die Fair-Food-Initiative ablehnt», sagt Petra Gössi (FDP).
Albert Rösti (SVP) teilt diese Erwartung – wenn auch mit Vorbehalten: «Spinnerszenarien wie jene von Avenir Suisse könnten allerdings diesen Ausgang noch gefährden.» Rösti spielt damit auf die Rechnung der liberalen Denkfabrik an, wonach die Landwirtschaft die Schweiz 20 Milliarden Franken pro Jahr kostet.
Rösti will die Argumente gegen die Initiative deshalb bis zum Abstimmungstermin möglichst weit streuen. Er nennt zum Beispiel die Wahlfreiheit der Konsumenten, Bürokratie und Preissteigerungen. Auch die übrigen Parteien bleiben aktiv. «In der geplanten Intensität», sagt CVP-Präsident Pfister. Ähnlich tönt es bei SP und FDP.
Die Grünen wollen ihre Kampagne intensivieren. Sie würden auf der Strasse und auf Märkten präsent sein, sagt Regula Rytz. «Und auch der Tierschutz intensiviert seine Aktivitäten.»