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Ärger über EU-System Etias Zahlen ja, profitieren nein?

«Inakzeptabel»: Das neue Reiseinformationssystem für Schengen würde die Schweiz benachteiligen. Das kommt schlecht an.

Zahlen ja, profitieren nein. Diese Regel möchte die EU durchsetzen, wenn sie das neue Reiseinformationssystem Etias für den Schengen-Raum einführt, zu dem auch die Schweiz gehört. Wenn es mit dem neuen System Überschüsse gibt, erhält die Schweiz nichts, bei Defiziten muss die Schweiz mitzahlen.

«Das ist aus meiner Sicht nicht akzeptabel», sagt Kurt Fluri, Präsident der mit dem Geschäft betrauten Staatspolitischen Kommission. Und er meint damit den Finanzierungsschlüssel.

50 Mio. Euro Überschuss erwartet

Mit dem System sollen künftig alle Angehörigen von Drittstaaten, die in den Schengen-Raum einreisen und kein Visum besitzen, in einer riesigen Datenbank erfasst werden. 7 Euro möchte die EU bei jedem Antragsteller einkassieren. 50 Millionen Euro Überschuss, schätzt die EU-Kommission, dürften so jedes Jahr zusammenkommen.

Kurt Fluri;
Legende: Kurt Fluri: «Ein solcher Kostenteiler käme im Parlament bestimmt nicht gut an.» Keystone/Archiv

Obschon die Schweiz und andere Schengen-Staaten ausserhalb der EU die Einrichtungen für Etias mitbezahlen müssen, sollen sie aber von diesen Überschüssen keinen einzigen Euro bekommen. Im Falle eines Defizits hingegen bestünde sehr wohl eine Grundlage, um die Schweiz daran zu beteiligen, hält die EU-Kommission fest.

Fluri: Unerklärbares «Missverhältnis»

Als «höchst unfair» bezeichnet auch SVP-Nationalrat Heinz Brand die Regelung. Wenn Gewinn anfalle müsste man auch anteilmässig partizipieren können. Und Fluri fragt sich, wie ein derartiges «Missverhältnis» überhaupt entstehen konnte.

Das Staatssekretariat für Migration SEM erklärt dazu auf Anfrage, die Schweiz sei aufgrund des Schengen-Abkommens verpflichtet, sich an Entwicklungs- und Betriebskosten von Informatiksystemen zu beteiligen. Etias sei das erste System, das über Gebühreneinnahmen finanziert werde. Diese sollten nach Vorstellungen der EU die Kosten des Systems decken.

SEM: «Im Grundsatz kostenneutral»

Für die Schweiz sei die Teilnahme also «im Grundsatz kostenneutral», schreibt das SEM. Doch entstünden Defizite, müsste diese die Schweiz – wiederum aufgrund des Schengen-Abkommens – mittragen. Laut SVP-Nationalrat Brand muss jetzt alles daran gesetzt werden, dass die Schweiz kein finanzielles Abenteuer eingeht.

Heinz Brand:
Legende: Heinz Brand sieht die Gefahr eines «finanziellen Abenteuers». Keystone/Archiv

Die Schweiz sei zusammen mit Norwegen, Island und Liechtenstein daran, mit der EU-Kommission Gespräche zu führen, hält das SEM weiter fest. Das Ziel: Informelle Verhandlungen, damit sich auch Schengen-Staaten ausserhalb der EU an Überschüssen beteiligen können.

Bundesrat sieht wenig Spielraum

Die Erfolgschancen für eine solche Verhandlungslösung seien «gering», schreibt der Bundesrat allerdings bereits jetzt in seinem Bericht zur ETIAS-Vorlage. Für Kommissionspräsident Fluri ist klar: «Das käme im Parlament nicht gut an, mit diesem Kostenteiler eine derartige Weiterentwicklung vorzulegen. Ich bin überzeugt, dass das schon an dieser Frage grosse Widerstände wecken würde.»

Grüne: Datenschutz als Knackpunkt

Balthasar Glättli:
Legende: Balthasar Glättli: «Wird da wieder unnötige Datensammelei betrieben?» Keystone/Archiv

Denn auch die Linksparteien sind skeptisch. Nicht wegen der Finanzierung. Die sei zwar «unschön», sagt der grüne Nationalrat Balthasar Glättli. Kritischer sieht er aber die Frage des Datenschutzes. Er will die Vorlage nach dem Kriterium bewerten, ob da wiederum unnötige Datensammelei betrieben werde oder nicht.

Wie bei allen Schengen-Vorlagen gilt allerdings auch bei Etias: Ein Ablehnung hätte im Prinzip zur Folge, dass die Schweiz automatisch aus dem Schengener System ausgeschlossen würde.

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