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Angriff auf Rechte der Mieter Vertreter von SVP und FDP wollen den Mieterschutz löchern

Das Wichtigste in Kürze:

  • In Bundesbern sind über ein halbes Dutzend Vorstösse hängig, mit denen der Mieterschutz geschwächt werden soll. Der radikalste will ihn gar ganz abschaffen in Phasen, in denen keine Wohnungsnot herrscht.
  • Der Mieterverband ist beunruhigt: Die Mieten seien nach wie vor zu hoch, die Wohnungssituation bleibe in den Städten angespannt, und deshalb brauche es auch weiterhin einen guten Mieterschutz.
  • Die Hauseigentümer finden, nun sei es an der Zeit, dass die Vermieter mehr profitieren sollen, etwa von einer höheren Rendite.

Ein missbräuchlicher Mietertrag soll nur möglich sein, wenn Wohnungsnot herrscht. Oder anders formuliert: Sind genügend Wohnungen frei, braucht es keinen Mieterschutz. Der Walliser FDP-Nationalrat Philippe Nantermod will mit zwei parlamentarischen Initiativen die entsprechenden Mieterschutz-Artikel im Obligationenrecht ändern, beziehungsweise phasen- und gebietsweise ganz ausschalten.

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt habe sich generell entspannt: «Das bedeutet, dass es für die Leute auch einfacher ist, eine neue Wohnung zu finden», sagt Nantermod gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».

«Nicht einfach husch husch umziehen»

Solche Aussagen bringen den Generalsekretär des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbandes, Michael Töngi, auf die Palme: «Das würde die absolute Durchlöcherung des Mietrechts bedeuten!» Würde dieser Vorstoss eine Mehrheit finden, dann könnten die Mieter keine Zinssenkung verlangen, nachdem der Referenzzinssatz gesunken ist, ist Töngi überzeugt. Oder ein Vermieter könnte ungestraft die Wohnung renovieren und danach eine überrissene Miete verlangen.

Im Übrigen bleibe die Wohnungssituation vor allem in den Zentren weiterhin sehr angespannt und die Mietzinsen seien durchschnittlich immer noch zu hoch. «Man kann also nicht einfach so husch husch umziehen, wie sich das Herr Nantermod vorstellt», sagt Töngi.

Für Eigentümer mehr Rendite und längere Spiesse gegen Mieter

Die Mieterlobby ist schon länger alarmiert. Denn offensichtlich haben es die Hauseigentümer auf den Mieterschutz abgesehen. Neben den Vorstössen Nantermods sind in Bern ein weiteres halbes Dutzend Vorstösse hängig, die in eine ähnliche Richtung gehen. Zusammengefasst sollen die Eigentümer längere Spiesse erhalten. Sie sollen unter anderem eine höhere Rendite erzielen dürfen, oder es soll für sie einfacher werden, die sogenannte Orts- und Quartierüblichkeit eines Mietzinses zu belegen, wenn ein Mieter den Zins anficht.

Konkrete Folge ist etwa, dass der Mietzins schon bei einer einfachen 2 ½-Zimmer-Wohnung um mehrere hundert Franken steigen könnte, ohne dass die Mieter etwas dagegen unternehmen können, hat die Zeitschrift «Beobachter» durchgerechnet.

Hauseigentümer: Staat mischt sich zu stark ein

Hauptfigur hinter diesem Angriff auf den Mieterschutz ist der Präsident des Hauseigentümerverbandes (HEV) und SVP-Nationalrat Hans Egloff. Mehrere Vorstösse stammen aus seiner Feder. «Der beste Mieterschutz wäre die Abschaffung des Mietrechts», wird er in den Medien zitiert. Gegenüber «Espresso» räumt Egloff ein: Diese Aussage sei auch mit einem gewissen Augenzwinkern zu verstehen.

Im Grundsatz sei es aber schon so, dass das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter heute staatlich überreguliert sei. Und dies behindere letztlich den Wohnungsbau: «Wenn sich der Staat nicht so stark einmischen würde, wäre es attraktiver, Wohnungen zu bauen. Und davon würden letztlich auch die Mieter profitieren.»

Chancen stehen gut

Zumindest im Nationalrat stehen die Chancen gut, dass der eine oder andere Vorstoss angesichts der Mehrheitsverhältnisse erfolgreich sein wird. Im Ständerat dürften die Initianten hingegen einen schwereren Stand haben.

Linke Politiker versuchen derweil, Gegensteuer zu geben. So will es etwa der Neuenburger SP-Ständerat Didier Berberat den Mietern mit einer parlamentarischen Initiative erleichtern, den Anfangsmietzins anzufechten. Die Kriterien, welche dies heute einschränken – etwa eine persönliche Notlage – sollen wegfallen.

Mieterverband droht schon mit dem Referendum

Die verschiedenen Vorstösse kommen nun verteilt über die kommenden Sessionen in die Räte. Und der Mieterverband wetzt schon die Messer: «Wenn diese Vorstösse durchkommen, ergreifen wir das Referendum», gibt sich Michael Töngi kämpferisch.

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