Das Wichtigste in Kürze
- Die meisten Schweizer Kühe dürfen auf die Weide: Möglich macht es das Tierwohlprogramm «Regelmässiger Auslauf im Freien», kurz «Raus».
- Um rentabel zu sein, braucht es heute aber grössere Betriebe. Daher wollte ursprünglich auch der Bund das zwanzig Jahre alte Programm anpassen.
- So sollten die Bauern mehr Geld kriegen, deren Kühe einen wesentlichen Anteil ihres Futters draussen auf der Weide fressen. Der Bund jedoch hat den Vorschlag wieder gekippt.
- Bauern und Tierschützer verlangen mit ihrem Pakt, dass der Bund das Tierwohlprogramm doch noch erneuert.
Fleisch und Milch von glücklichen Tieren. Für viele Konsumenten ist das ein wichtiges Anliegen. Nun sollte man sich auch die Schweizer Landwirtschaft nicht als romantisches Tierparadies vorstellen, aber immerhin kann man feststellen: Im Vergleich zu vielen anderen Ländern haben Kühe und Rinder in der Schweiz deutlich häufiger Auslauf auf einer Weide.
Doch diese Errungenschaft sei wegen des Strukturwandels in der Landwirtschaft und dem Trend zu grösseren Betrieben bedroht. Hans-Ulrich Huber vom Schweizer Tierschutz fasst den Wandel in Zahlen: «In den USA sind über 90 Prozent der Kühe in den Ställen. Eine EU-Studie besagt, dass dies in zwanzig Jahren auch in der EU der Fall sei.»
In der Schweiz seien die Verhältnisse zwar noch «gänzlich anders», so Huber: «Wir haben aber gemerkt, dass Milchviehhalter mit 100 und mehr Kühen auch bereits zu Stallhaltung übergehen.»
Die historisch tiefen Milchpreise begünstigen den Trend zu Grossbetrieben mit vielen Kühen, modernen Melkrobotern – und eben – ohne Weidegang.
Grosse Herden, grosse Herausforderungen
Eine steigende Zahl von Milchbauern sieht keinen anderen Weg, effizient und rentabel zu produzieren. Hier müsse man Gegensteuer geben, finden Tierschützer und verschiedene Bauernorgansiationen unisono. Landwirte, die ihre Tiere auf die Weide lassen, müssten besser entschädigt werden.
Die ungewöhnliche Allianz hat dafür ein zweistufiges Konzept entwickelt, mit den Namen «Raus Basis» und «Raus Weide», je nach dem, wie viel Auslauf die Kühe, Rinder und Kälber hätten. Etwa 50 Millionen Franken pro Jahr würde das kosten.
Das liebe Geld
Doch das könne man sich gut leisten, sagt Markus Ritter, der Präsident des Schweizer Bauernverbandes: «Das Geld würde nicht zusätzlich vom Bund gesprochen. Es würde umverteilt im Rahmen der Direktzahlungen und käme aus den Übergangungsbeiträgen.» Das Geld würde ganz gezielt, schliesst Ritter, ins Wohl der Tiere investiert.
Allerdings bleibt die Frage offen, ob mittelfristig nicht an anderer Stelle im Agrarbudget Verteilkämpfe ausbrechen. Doch für Ritter ist klar: Geld für die Weidehaltung ist auf jeden Fall gut investiert und gerechtfertigt. Zum einen, weil Bauern, die ihre Tiere auf die Weide lassen, mehr Arbeit haben. Und zum anderen, weil die Weidehaltung ganz direkt zum Tierwohl beitrage:
Die Tiere lieben es, sich im taunassen Gras auf der Weide zu bewegen.
Doch um diese hehren Ideen auch realpolitisch umzusetzen, müssen die Bauernvertreter und Tierschützer noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten. Denn unlängst hatte eine Arbeitsgruppe, die vom Bundesamt für Landwirtschaft eingesetzt wurde und in der auch Tierschutz- und Bauernvertreter sassen, genau solche Ideen entwickelt.
In die noch laufende Vernehmlassung zu verschiedenen Agrarverordnungen wurden diese Ideen aber nicht einmal aufgenommen. Das Bundesamt für Landwirtschaft wollte zu den Gründen heute keine Stellung nehmen.