- Ist ein Richter mit einer Verfahrenspartei auf Facebook befreundet, muss er deshalb nicht automatisch in den Ausstand treten.
- Laut Bundesgericht braucht es weitere Hinweise, um den Anschein von Befangenheit zu begründen.
Im konkreten Fall bestand zwischen einem getrennt lebenden Paar eine Streitigkeit um das Sorgerecht des gemeinsamen Kindes. Die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) in einer Walliser Gemeinde verfügte 2016 auf Gesuch des Vaters hin das gemeinsame Sorgerecht.
Als die Mutter entdeckte, dass der Kindsvater und der Präsident der Kesb auf Facebook befreundet sind, verlangte sie die Aufhebung des Entscheids. Das Walliser Kantonsgericht wies das Begehren ab. Ebenso tat es das Bundesgericht mit der Beschwerde der Frau.
Facebook-Freunde – wahre Freunde?
Die Lausanner Richter halten in ihrem am Freitag publizierten Urteil fest, aufrgrund einer Facebook-Freundschaft könne nicht geschlussfolgert werden, dass zwei Personen tatsächlich eine freundschaftliche und auf Sympathie basierende Beziehung pflegten.
Um vom Anschein der Befangenheit ausgehen zu können, brauche es weitere Hinweise. Solche seien im vorliegenden Fall nicht vorhanden. Das Bundesgericht weist in seinem Urteil auf eine Studie hin, wonach bei mehr als 150 Facebook-Freundschaften auch Personen unter diesen «Freunden» seien, zu denen man keinen Kontakt pflege oder die man nicht einmal kenne.
Befangenheit muss nicht nachgewiesen werden
Grundsätzlich ist es für den Ausstand eines Richters nicht notwendig, dass dieser tatsächlich befangen ist. Es genügt, wenn bei objektiver Betrachtung Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit erwecken oder die Gefahr der Voreingenommenheit.