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Belästigungsvorwürfe bei RTS Cina: «Es muss Veränderungen geben, dafür setzen wir uns ein»

Nach der Präsentation der Untersuchungsergebnisse über die Belästigungsvorwürfe bei RTS spricht Verwaltungsratspräsident Jean-Michel Cina im Interview zum Tag über die Konsequenzen für die SRG.

Jean-Michel Cina

Politiker, Verwaltungsratspräsident der SRG SSR

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Der Politiker Jean-Michel Cina (1963) aus Salgesch (VS) sass von 1999 bis 2005 im Nationalrat und war auch CVP-Fraktionschef. Von 2005 bis 2017 war er Staatsrat des Kantons Wallis. Seit dem 1. Mai 2017 ist er Verwaltungsratspräsident der SRG SSR.

SRF News: Bundesrätin Simonetta Sommaruga ist empört über die Ergebnisse der Untersuchung. Haben Sie schon mit ihr gesprochen?

Jean-Michel Cina: Ich habe im Vorfeld mit der Bundesrätin gesprochen. Und ja, ich verstehe ihre Reaktion. Sie hat die Erwartung, dass wir den Worten Taten folgen lassen. Es muss Veränderungen geben, und dafür setzen wir uns ein.

Welches sind denn die Taten, die jetzt den Worten folgen sollen?

Wir werden ein duales Beschwerde- und Beratungssystem einrichten: Das sind interne Vertrauenspersonen, die als Anlaufstellen agieren und die Mitarbeitenden beraten können, und auch externe Ombudsstellen.

Pascal Crittin, Direktor von RTS, hat von skandalösen Vorfällen gesprochen. Gleichzeitig gibt es aber praktisch keine Konsequenzen. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären?

Das stimmt so nicht. Die Untersuchungen sind zu Ergebnissen gelangt, vor allem in zwei Fällen, in denen sich Kadermitarbeiter nicht korrekt verhalten haben; die Betroffenen wurden sanktioniert.

Konkret wurde in einem Fall der Mitarbeiter entlassen, zumindest nehme ich das an. In einem zweiten Fall wurde der Mitarbeiter zwar sanktioniert, aber weiterbeschäftigt, was wahrscheinlich heisst, dass es nicht so schlimm gewesen sein kann. Im dritten Fall geht es um den ehemaligen Moderator Darius Rochebin, der praktisch komplett entlastet wurde.

Wir haben eine externe, unabhängige Untersuchung in Auftrag gegeben, und wir haben gemeinsam mit dem Sozialpartner die Untersuchungsanlage festgelegt. Wenn der Bericht dann festhält, dass es keine strafrechtlichen Verfehlungen und auch keine Belästigungen gab, dann können wir auch keine Sanktionen aussprechen.

Es gab eine grosse Empörung nach Bekanntwerden der Vorwürfe. Und es gab 240 Meldungen bei der Anwaltskanzlei, die die Untersuchungen durchführte. Und trotzdem sagen Sie jetzt: eigentlich ist gar nicht so viel passiert. Das ist doch eine unglaubliche Diskrepanz.

Es handelt sich nicht um 200 neue Fälle, sondern um 200 Meldungen. Das sind zum Teil Zeugenaussagen, zum Teil auch anonyme Meldungen, die in die drei untersuchten Fälle eingeflossen sind.

Es muss Veränderungen geben, und dafür setzen wir uns ein.

Und dann gibt es etwa 180 Meldungen, die jetzt noch abgearbeitet werden müssen. Aber wir haben vom externen Anwaltsbüro den Hinweis bekommen, dass aufgrund ihrer Analyse kein unmittelbarer Anlass besteht, neue Verfahren einzuleiten.

Heisst das auch, dass es bei RTS keine Betriebskultur gab, die systematisch Belästigungen und Mobbing zugelassen hat?

Für diese Antwort müssen wir noch den Schlussbericht der Untersuchung abwarten, die das ganze System und die bisherigen Instrumente analysiert hat. Da haben wir bereits festgestellt, dass es gewisse Mängel gibt, die wir korrigieren müssen und auch wollen.

Es wurde viel von RTS gesprochen, teils auch von RSI, wo noch eine Untersuchung läuft. Aber es wurde nie von SRF gesprochen. Ist bei SRF aus Ihrer Sicht denn alles in Ordnung, was Belästigungen und Mobbing betrifft?

SRF-Direktorin Nathalie Wappler hat im November ein Schreiben an alle SRF-Mitarbeitenden geschickt und sie aufgefordert, sich zu melden. Sechs Personen haben das getan, diese Fälle wurden abgearbeitet. Wir haben auch im Kontakt mit den Sozialpartnern festgestellt, dass bei SRF im Moment keine Fälle im Raum stehen.

Das Gespräch führte Urs Leuthard.

Tagesschau, 16.04.2021, 18:00 Uhr ; 

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