Eine Frau hat vor einem Jahr versucht, Bundesrat Alain Berset mit der Veröffentlichung von privater Korrespondenz und Bildmaterial um 100'000 Franken zu erpressen. Die Frau wurde von Berset angezeigt und im September von der Bundesanwaltschaft rechtskräftig verurteilt. Mails und Foto wurden von ihren Handys und Laptops gelöscht.
Doch war dieses Vorgehen korrekt? Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft hat angekündigt, «bei der Bundesanwaltschaft aufsichtsrechtliche Abklärungen einzuleiten, um deren Verhalten in dieser Sache zu klären». SRF-Bundeshausredaktor Urs Leuthard ordnet die Lage ein.
SRF News: Die Intervention der Aufsichtsbehörde kommt überraschend – und überraschend schnell. Was hat sie alarmiert?
Urs Leuthard: Alarmiert hat sie vor allem die Medienberichterstattung übers Wochenende. Das hat die Aufsichtsbehörde in einer kurzen Verlautbarung selber mitgeteilt. Interessiert ist sie dabei offenbar vor allem an der Löschung des belastenden Materials, des Bildmaterials und der Korrespondenz.
Die Aufsichtsbehörde hat nun offenbar ansatzweise Zweifel, ob das wirklich korrekt sei.
Die Bundesanwaltschaft hatte gesagt, dass dies der üblichen Praxis entspreche. Die Aufsichtsbehörde hat nun offenbar ansatzweise Zweifel, ob das wirklich korrekt sei. Die Intervention ist überraschend, das haben auch verschiedene Quellen bestätigt, die wir kontaktiert haben. Überraschend wäre es vor allem, wenn die Aufsichtsbehörde keine weiteren Anhaltspunkte hätte als die Medienberichterstattung.
Im Fokus der Abklärungen steht die Bundesanwaltschaft. Warum wird denn nicht auch untersucht, wie sich Alain Berset verhalten hat – und ob er allenfalls Druck ausgeübt hat?
Die Aufsichtsbehörde ist keine Justizbehörde, die einzelne Fälle untersucht, sondern ihr Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Bundesanwaltschaft von der Organisation und den Abläufen her korrekt funktioniert. Das Strafverfahren selber, die versuchte Erpressung, ist ja abgeschlossen.
Es gibt keine Anhaltspunkte, dass Bundesrat Berset sich etwas hat zuschulden kommen lassen.
Die beschuldigte Person hat ihren Strafbefehl akzeptiert und es gibt bisher keine Anhaltspunkte, dass bei der juristischen Würdigung des Falles etwas nicht korrekt abgelaufen ist. Entsprechend gibt es auch keine Anhaltspunkte, dass Bundesrat Berset sich etwas hat zuschulden kommen lassen.