Das Wichtigste in Kürze
- Aufgrund des Mangels an Pfarrern hat die reformierte Kirche einen Ausbildungsgang für Quereinsteiger geschaffen.
- Die ersten 34 Ausgebildeten schliessen nächsten Sommer ab und beginnen ein Vikariat.
- Doch der Mangel an Pfarrern lässt sich damit nicht beheben.
Jedes Jahr werden Dutzende Priester und Pfarrer pensioniert. Gleichzeitig haben die Schweizer Landeskirchen nicht genug Nachwuchs, weil sich immer weniger junge Leute für eine geistliche Laufbahn entscheiden. Die reformierte Kirche setzt deshalb auf Quereinsteiger. Sie bietet ein verkürztes Theologiestudium für Leute an, die nach einer Karriere in einem anderen Beruf mit Mitte 40 noch Pfarrer werden wollen. Das Projekt ist ein Erfolg.
Sie haben sich entschieden, einen anderen Beruf zu ergreifen, der viel mit den existenziellen Fragen zu tun hat, die sie selbst beschäftigen.
Gut drei Dutzend Frauen und Männer haben im Herbst 2015 das erste Quereinsteiger-Studium für Theologie an den Universitäten Zürich und Basel begonnen. Eine frühere Radiojournalistin ist dabei, ein Programmierer, ein ehemaliger Gemeindepräsident.
Viele hätten sich im Alter zwischen 40 und 50 für die Kirchenkarriere entschieden, sagt Thomas Schaufelberger vom Ausbildungskonkordat der reformierten Kirche der Deutschschweiz: «Das sind oft Menschen, die teilweise beeindruckende Karrieren in verschiedensten Branchen hinter sich haben. Sie haben sich entschieden, nochmals einen anderen Beruf zu ergreifen, einen Beruf, der viel mit den existenziellen Fragen zu tun hat, die sie selbst beschäftigen.»
Das dreijährige Quereinsteiger-Studium dauert noch bis nächsten Sommer, danach absolvieren die angehenden Pfarrer ein einjähriges Vikariat in einer Kirchgemeinde. Nach vier Jahren sind die Quereinsteiger also fit für die Kanzel – mindestens drei Jahre früher als herkömmliche Theologiestudenten.
Die reformierte Kirche sei froh um diesen Nachwuchs, so Schaufelberger. «So gewinnen wir nicht einfach nur Leute, die die Pfarrstellen ausfüllen. Es sind Menschen mit einer hohen Motivation für diesen Beruf, die mit all ihren Kompetenzen aus ganz anderen Feldern die Kirche auch bereichern werden.»
Mindestens noch zwei Ausbildungsgänge in Planung
Die 34 Quereinsteiger-Pfarrer federn den drohenden Pfarrermangel allerdings nur kurzfristig ab. Denn sie sind jetzt schon um die 50 und bleiben deshalb auch im besten Fall nur 20 Jahre im Amt. «Der Mangel ist damit nicht behoben. Wir müssen einen zweiten solchen Studiengang anbieten und voraussichtlich einen dritten», sagt Schaufelberger. «In den nächsten Jahrzehnten werden wir fünfhundert bis sechshundert Pfarrer zusätzlich brauchen. Es gibt daher noch Platz für weitere Interessenten.»
Bereits läuft die Anmeldefrist für das zweite Quereinsteiger-Studium, das im Sommer 2018 beginnt. Ausserdem versucht die reformierte Kirche der Deutschschweiz mit verschiedenen Kampagnen, mehr Gymnasiasten von einem herkömmlichen Theologiestudium zu überzeugen.