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Beziehung Schweiz-EU Das sagen alt Bundesräte zum Rahmenabkommen

Während sich der Bundesrat weiterhin nicht klar zum Rahmenabkommen äussert, reden ehemalige Mitglieder Klartext.

Normalerweise äussern sich alt Bundesräte nicht zur Tagespolitik. Kaspar Villiger von der FDP nahm sich dieses ungeschriebene Gesetz immer besonders zu Herzen. Doch die aktuelle Diskussion zum Rahmenabkommen brach sein Schweigen. Sie ist für ihn schlicht zu wichtig.

An der 125-Jahr-Feier der FDP in Olten Anfang Februar sprach er sich deshalb in einer Rede klar für eine Annahme des Vertrages aus. «Unsere Diplomaten haben deshalb mit der EU den berühmten Rahmenvertrag ausgehandelt. Und ich halte das Ergebnis trotz dem Gemäkel und Gezeter von links und rechts für respektabel und brauchbar.» Er richtet damit einen Appell an die eigene Partei. Viele Mitglieder der FDP sind dem Rahmenabkommen gegenüber kritisch eingestellt. Die Partei hat noch nicht abschliessend Position bezogen.

Gewerkschafterin ohne Angst vor dem Lohnschutz

Doch Villiger ist nicht der einzige alt Bundesrat, dem die Diskussion um das Rahmenabkommen missfällt. Auf Anfrage der «Tagesschau» äussern sich nun weitere ehemalige Magistraten zum Rahmenabkommen.

Eine von ihnen ist Ruth Dreifuss. Sie hat den Text genau studiert. Für sie ist klar, dass die Schweiz den Vertrag annehmen muss. «Es ist, glaube ich, ein guter Vertrag und er wurde hart verhandelt.» Die Aussage überrascht, stammt sie doch von einer ehemaligen Gewerkschafterin.

Denn gerade die Gewerkschaften sehen in Sachen Rahmenabkommen rot – wegen des Lohnschutzes. Doch genau dieser sei auch mit dem Rahmenabkommen möglich, ist Dreifuss überzeugt. Mehr Arbeitsinspektoren, mehr Gesamt- und Normalarbeitsverträge: Genau auf solche Massnahmen müssten sich Sozialpartner, Gewerkschaften und Unternehmen einigen.

Ihn sicherzustellen sei eine «Hausaufgabe», die in der Schweiz gelöst werden müsse. «Wir können den Schutz garantieren, mit flankierenden Massnahmen, die wir hier einsetzen. Und die Frage, ob es jetzt sechs Werktage oder acht oder vier sind, wird dann als zweitrangig betrachtet werden.»

Blocher hat nichts gegen einen Rahmenvertrag

Nicht nur Dreifuss überrascht mit ihren Aussagen. Besonders Christoph Blocher, alt Bundesrat und SVP-Übervater, überrascht im Interview.

Er habe nichts gegen einen Rahmenvertrag, sagt er, relativiert aber sogleich wieder. «Aber wir akzeptieren nicht, dass die EU entscheidet, ohne dass die Bürger zustimmen. Und wir wollen allenfalls ein Schiedsgericht, das schlussendlich entscheidet. Ohne europäischen Gerichtshof.»

Der Vertrag, der nun vorliegt, ist für Blocher «im Grundsatz falsch». Deshalb hätten auch die in Aussicht gestellten «Präzisierungen» oder allenfalls Ausnahmeregelungen zum Vertrag keinen Sinn.

Dreifuss verlangt Klarheit vom Bundesrat

Die öffentliche Debatte, die sich um das Institutionelle Abkommen mit der EU entwickelt, empfindet alt Bundesrätin Dreifuss als zu wenig belebt. Besonders vom Bundesrat würde sie sich eine klarere Position wünschen. «Wenn etwas auf dem Tisch liegt, wenn eine Vernehmlassung stattfindet, wenn man Meinungen einholt, müsste man auch selber sagen, was man davon denkt.»

Vor Ende der Vernehmlassung ist nicht mit einem Positionsbezug des Bundesrates zu rechnen.

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