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Tierleid in Ställen mit «Besonders Tierfreundlicher Stallhaltung»
Aus Kassensturz vom 01.06.2021.
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BTS - von wegen! Tierleid in Ställen mit «Besonders Tierfreundlicher Stallhaltung»

Die traurige Wahrheit: Auch Masthühner aus «BTS»-Ställen haben oft ein leidvolles, kurzes Leben.

«Mir ist wichtig, dass die Öffentlichkeit die Wahrheit erfährt zu den sogenannt besonders tierfreundlichen BTS-Ställen», erklärt der Brancheninsider seine Motivation, «Kassensturz» Filmmaterial aus dem Inneren solcher Ställe zuzuspielen. Der Insider arbeitete mehrere Jahre in der Geflügelbranche und will aus Furcht vor Repressalien anonym bleiben.

Seine Bilder stammen aus verschiedenen BTS-Mastbetrieben und gehen ans Herz: «Bereits nach wenigen Tagen haben viele Küken Gelenkprobleme, weil sie sehr schnell wachsen. Viele Tiere können sich nicht mehr richtig bewegen, haben Schmerzen und oft verdursten sie auch, weil sich gar nicht mehr an die Wasserspender gelangen können».

Amtliche Bezeichnung für Marketingzwecke

«Besonders Tierfreundliche Stallhaltung» oder kurz BTS ist eine amtliche Bezeichnung des Bundes. Das Bundesamt für Landwirtschaft hat die Bezeichnung 1996 eingeführt – im Rahmen der Direktzahlungsverordnung für Landwirte bei der Fleischproduktion. Landwirte, welche Hühner in Ställen nach BTS-Vorgaben mästen, erhalten vom Bund bis zu 20'000 Franken Direktzahlungen jährlich.

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Cesare Sciarra, Schweizer Tierschutz: «Bauern bekommen dafür Geld. Allerdings sagt BTS nur bedingt aus, wie tierfreundlich ein Stall tatsächlich ist.»
Aus Kassensturz vom 01.06.2021.
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«Insbesondere bei Masthühnern ist BTS für uns nicht besonders tierfreundlich», stellt auch Cesare Sciarra, Experte für Nutztierhaltung beim Schweizer Tierschutz (STS) klar. Dem Detailhandel sei es zwar gesetzlich erlaubt, den amtlichen Begriff aus der Direktzahlungsverordnung auf ihre Verpackungen zu drucken. Es sage aber nur bedingt etwas darüber aus, wie tierfreundlich diese Ställe wirklich sind.

Die Hühner in BTS-Ställen wachsen sehr, sehr schnell und können nur noch schwer gehen, haben Schmerzen.
Autor: Cesare SciarraSchweizer Tierschutz

Denn, so Cesare Sciarra: «In unserem eigenen Tierwohlrating, das von A bis D reicht, geben wir BTS-Hühnerställen nur ein C. Weil die Hühnerrassen, die dafür verwendet werden, sehr, sehr schnell wachsen und binnen 30 Tagen auf fast 2 Kilogramm hochgemästet werden. Sie können nur noch schwer gehen, haben Schmerzen, das ist für uns nicht mehr wirklich Tierschutz.»

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Legende:Widersprüchliche Verpackung bei Lidl-PouletDer Tierschutz bewertet BTS-Produkte zurückhaltend.SRF

Hühner können Aussenbereich oft nicht nutzen

Damit Landwirte die Direktzahlungen vom Bund erhalten, müssen BTS-Ställe über erhöhte Sitzplätze und eingestreute Bodenflächen verfügen. Die Tiere erhalten Frischluftzufuhr und natürliches Tageslicht, sowie Zugang zu einem geschützten Aussenbereich.

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«Besonders Tierfreundliche Stallhaltung» – von wegen!
aus Espresso vom 02.06.2021. Bild: SRF
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Die Hochsitze würden jedoch oft hochgeklappt, damit die Landwirte sie nicht reinigen müssten, sagt der Brancheninsider. Und auch der Aussenbereich sei bis zum 21. Lebenstag der Tiere fakultativ. «Danach sind die Tiere aber oft zu schwer, als dass sie den Aussenbereich aus eigener Kraft noch erreichen können», so der Insider weiter. Und: «Der Aussenbereich muss erst ab 6 bis 8 Grad Aussentemperatur geöffnet werden. Viele Tiere, welche im Winter gemästet werden, sehen diesen Bereich keinen einzigen Tag.»

Unterschiedliche Tierwohlratings bei Lidl und Migros

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Migros und Lidl versehen Fleischprodukte seit diesem Frühling mit einem sogenannten Tierwohlrating. Lidl arbeitet dabei mit dem Schweizer Tierschutz (STS) zusammen. Das Rating ist in die vier Kategorien «A – top», «B – good», «C – medium» und «D – low» eingestuft. «Damit sollen Konsumentinnen und Konsumenten auf der Verpackung gleich erkennen können, was in diesem Produkt wirklich an Tierschutz steckt», erklärt Cesare Sciarra vom STS.

Auch Migros hat Ende März ein Tierwohl-Rating unter dem Namen «M-Check» eingeführt: Die Skala reicht von einem Stern, für tierische Produkte aus Produktion ohne nachvollziehbare Standards, bis hin zu 5 Sternen, wenn die Tierschutzrichtlinien durch Tierwohlmassnahmen erweitert werden.

Interessant dabei: Während Pouletfleisch aus Mastbetrieben mit sogenannt «Besonders tierfreundlicher Stallhaltung – BTS» im STS-Rating bei Lidl lediglich das Rating «C-Medium» erreicht, punktet es im M-Check mit 3 Sternen. BTS-Fleisch kommt also bei der Migros besser weg als im Rating vom Schweizer Tierschutz. Migros schreibt dazu, das liege an der unterschiedlichen Bewertungsskala, welche sie zusammen mit der Fachhochschule der Land-, Wald- und Lebensmittelwirtschaft (HAFL) in Zollikofen BE entwickelt habe.

Migros verzichtet auf BTS-Auslobung

Weder Migros, Coop, Lidl und Aldi, noch der Verband der Schweizer Geflügelproduzenten wollten «Kassensturz» in einem ihrer BTS-Ställe filmen lassen. Auch zur Kritik an BTS wollte kein Unternehmen Stellung nehmen. Immerhin: Migros schreibt «Kassensturz», dass sie auf die Bezeichnung «Besonders tierfreundliche Stallhaltung» auf den Verpackungen verzichten will. Auch Lidl will die Auslobung überprüfen.

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Interview mit Jonathan Fisch vom Bundesamt für Landwirtschaft
Aus Kassensturz vom 01.06.2021.
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Kassensturz, 01.06.2021, 21:05 Uhr

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