Noch bevor das Coronavirus gross in den Schlagzeilen war, gingen bei Andreas Wieland die Warnlampen an. Er ist Chef der Bündner Firma Hamilton, die auf Beatmungsgeräte spezialisiert ist. Er erinnert sich, wie er genau vor einem Jahr mit Kollegen aus China telefonierte. Sie warnten ihn, da sei etwas losgegangen in Wuhan, das auch auf andere Länder überschwappen könnte. Wie Wieland die stürmische Zeit erlebt hat, erzählt er im Interview.
SRF News: Nach dem Telefonat mit China, wie schnell war Ihnen klar, dass dieses Virus auch auf Europa übergreifen wird?
Andreas Wieland: Wir sind seit 25 Jahren in diesem Bereich tätig. Wir hatten Erfahrungen mit der SARS-Pandemie. Ich habe sofort reagiert. Ich sagte meinen Leuten, jetzt wird eingekauft! Wir haben richtig gehamstert. Wir bestellten Material für mindestes ein halbes Jahr.
Wir haben richtig gehamstert!
Später waren dann tatsächlich Lieferketten unterbrochen, was bedeutete das für Sie?
Man hat dann gesehen, was Globalisierung heisst. Schiffscontainer waren am falschen Ort, die Flughäfen funktionierten nicht mehr und die Züge waren überfüllt. Als im Februar dann alle realisiert hatten, dass etwas los ist, bekam man gar nichts mehr.
Hamilton baute im letzten Jahr massiv aus, stellte 300 neue Mitarbeitende an und verdoppelte den Umsatz auf 1,2 Milliarden. Wie haben Sie sich organisiert, um die Produktion hochzufahren?
Das war eine Teamleistung. Wir mussten ja schauen, dass möglichst wenig Leute im Gebäude sind wegen der Ansteckungsgefahr. Deshalb haben wir die Arbeitszeit auf 24 Stunden sieben Tage die Woche ausgedehnt.
Dafür war eine Spezialbewilligung nötig.
Ja, das war herrlich. Ich habe Christian Rathgeb, dem Regierungspräsidenten, ein Whatsapp geschickt und gesagt ich bräuchte diese Bewilligung. 20 Minuten später hatten wir sie. Das ist sensationell!
Wir wurden auch von Bundesräten unterstützt.
Da waren also plötzlich Dinge möglich, die sonst unvorstellbar wären?
Genau! Und wir waren motiviert. Wir wurden auch von Bundesräten unterstützt. Guy Parmelin schaute, dass wir Bauteile aus Sri Lanka bekommen, Ignazio Cassis half, dass wir in Indien Motoren erhielten. Es haben wirklich alle mitgeholfen. Dadurch hatten unsere Mitarbeiter auch eine wahnsinnige Motivation.
2019 stellte Hamilton 15'000 Beatmungsgeräte her, 2020 waren es 37'000. Es ging ein Verteilkampf los. Was bedeutete das für Sie?
Sogar als ich im Maiensäss war haben Staatspräsidenten angerufen, um Teile zu bestellen. Auch Ursula von der Leyen (Anm. d. Red, EU-Kommissionspräsidentin) hat mich angerufen und gesagt, sie brauche 20'000 Beatmungsgeräte.
Sogar als ich im Maiensäss war haben Staatspräsidenten angerufen.
Die Nachfrage nach Beatmungsgeräten war so gross, d ass mächtige Leute aus der Politik Druck auf Sie ausübten. Was macht das mit einem?
Zum Teil musste man die Gespräche schon verdauen. Aber ich denke, wenn man sagt, wir liefern dort hin, wo wirklich die humanitäre Not am grössten ist, dann ist es schwierig dagegen zu argumentieren.
Das Gespräch führte Sara Hauschild.