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Schweiz Bundesgericht entscheidet: Straffälliger Secondo darf bleiben

Ein verurteilter Serbe behält seine Niederlassungsbewilligung. Das hat das Bundesgericht entschieden. Es bestätigt das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft. Ihm zugute hielten die Richter eine positive Prognose und sein familiärer Bezug in der Schweiz.

Fassade des Bundesgerichts
Legende: Fassade des Bundesgerichts Keystone

Trotz der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren wird einem in der Schweiz geborenen Serben die Niederlassungsbewilligung nicht entzogen. Das Bundesgericht hat ein entsprechendes Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft bestätigt.

Ein knapper Entscheid

Der Entscheid des Bundesgerichts im Rahmen einer öffentlichen Beratung fiel mit drei zu zwei Stimmen. Die Mehrheit der Richter hielt fest, dass mit der Verurteilung zur mehrjährigen Freiheitsstrafe gemäss Ausländergesetz die Grundlage für einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung vorhanden sei. Sie kamen jedoch zum Schluss, dass aufgrund der gesamten Umstände des Falles ein Widerruf unverhältnismässig wäre.

Sie hielten fest, dass auch bei in der Schweiz geborenen Personen der Widerruf der Niederlassungsbewilligung nicht per se ausgeschlossen sei. Die Mehrheit der Richter gewichtete die darüber hinaus gehenden Interessen des Serben jedoch schwerer, als das öffentliche Interessen an der Wegweisung des Mannes aus der Schweiz.

Audio
Bundesgerichts-Urteil nach der Härtefall-Klausel
aus Rendez-vous vom 02.11.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 24 Sekunden.

Frau und Sohn sind Schweizer

So sei die Ehefrau des Verurteilten Bürgerin der Schweiz. Auch der im Oktober 2014 geborene Sohn hat das Schweizer Bürgerrecht. Weiter habe sich der Mann seit seiner Verurteilung im Frühjahr 2014 wohl verhalten, und es wurde ihm eine positive Prognose gestellt.

Zu Serbien, dem «Heimatland seiner Eltern» habe der Verurteilte keine Beziehung. Er kenne das Land nur aus Ferienaufenthalten.

Das Bundesgericht ist mit dem vorliegenden Urteil von seiner sonst strengen Praxis im Zusammenhang mit dem Widerruf des Aufenthaltsrechts abgewichen.

«Es gibt in der Verfassung nicht nur diese eine Bestimmung zur Ausweisung krimineller Ausländer»

Sascha Buchbinder, SRF-Bundesgerichtskorrespondent erklärt den Entscheid des Bundesgerichts:



Hat das Bundesgericht die Härtefallklausel angewandt?Das Bundesgericht hat nicht die Härtefallklausel angewandt, weil der Fall aus der Zeit von vor der Ausschaffungsinitiative stammt. Gesetze gelten nicht rückwirkend. Trotzdem hat das Gericht auf die Härtefallklausel verwiesen. Es hat darauf hingewiesen, dass auch in Zukunft eine Härtefallklausel gelten soll. Die Gerichte sollen weiterhin bei Secondos dem Einzelfall Rechnung tragen können.

Warum will das Bundesgericht diesen Mann nicht ausschaffen?

Eigentlich müsste der Mann das Land verlassen. Drogenhändler sind in der Schweiz nicht erwünscht. Das sieht das Bundesgericht auch so. Und auch bei einem Secondo sollte es kein Pardon geben. Aber der Mann ist mit einer Schweizerin verheiratet und hat mit ihr ein Kind. Die Minderheit der Bundesrichter war der Meinung, dass die beiden mit dem verurteilten Straftäter nach Serbien ausreisen könnten. Das Gericht hat aber anders entschieden, weil sich der junge Mann gewandelt hat. Er wurde vom jungen Gewalttäter zum fürsorglichen Familienvater. Er bemüht sich ernsthaft um eine Widergutmachung und lebt seit sechs Jahren tadellos. Das Gericht hat ausdrücklich festgehalten, dass es sich um einen Ausnahmefall handelt. Seine Wandlung ist nicht nur gespielt, sondern das Gericht hat sie wirklich festgestellt.

Aber damit missachtet das Gericht den Volkswillen. Denn der sagt klar, kriminelle Ausländer seien auszuschaffen.

Der Volkswille wird sehr ernst genommen. Es wird festgehalten, dass man diesem Volkswillen nachleben will. Die Praxis wurde seit Annahme der Ausschaffungsinitiative deutlich verschärft. Aber es gibt in der Verfassung nicht nur diese eine Bestimmung zur Ausweisung von kriminellen Ausländern. Die Verfassung garantiert auch ein Recht auf Familie und ein Recht auf Schutz vor Willkür. Die Verfassung enthält ausserdem die Menschenrechte und internationale Verträge. Deshalb beharrt das Gericht darauf, dass eine Abwägung weiterhin möglich sein müsse.

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