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Bundesrat zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative
Aus Tagesschau vom 04.12.2015.
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Schweiz Bundesrat will Zuwanderung notfalls einseitig begrenzen

Die Zeit zur Umsetzung der Zuwanderungsinitiative drängt. Während der Bundesrat noch auf der Suche einer einvernehmlichen Lösung mit Brüssel ist, bereitet er bereits eine Botschaft mit einer einseitigen Schutzklausel vor.

Zur Umsetzung der Masseineinwanderungsinitiative will der Bundesrat die Zuwanderung aus der EU mit einer Schutzklausel begrenzen. Eine solche möchte er möglichst im Einvernehmen mit Brüssel einführen.

Kommt es jedoch zu keiner Einigung mit Brüssel, soll die Schutzklausel einseitig eingeführt werden. Das hat der Bundesrat entschieden. Eine entsprechende Botschaft stellte er für Anfang März nächsten Jahres in Aussicht.

Parallel dazu würden die laufenden Konsultationen mit der EU weitergeführt, teilten Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Aussenminister Didier Burkhalter vor den Medien in Bern mit. Zehn Gesprächsrunden hätten bereits stattgefunden, viele Optionen seien geprüft worden.

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Sommaruga: «Der unilaterale Weg hat einen gewichtigen Nachteil»
aus SRF 4 News aktuell vom 04.12.2015.
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Technische Lösung in Sicht

Die Schaffung einer Schutzklausel stellt laut Sommaruga an sich noch keine Verletzung des Freizügigkeitsabkommens dar. Eine solche läge erst vor, wenn der Bundesrat diese tatsächlich auslösen würde – also wenn er Höchstzahlen und Kontingente festlegt.

Wie eine Einigung mit der EU genau aussehen könnte, liess sie offen. «Die Entwicklung in Grossbritannien spielt uns nicht gerade in die Hand», merkte sie an. Eine technische Lösung, die mit der Verfassung und der Freizügigkeit konform gehe, sei aber möglich.

Wunsch nach Rechtssicherheit

Die Initiative muss gemäss Verfassungsauftrag bis im Februar 2017 – drei Jahre nach der Abstimmung – umgesetzt sein. Aufgrund dieses Zeitdrucks verfolge man eine innen- sowie eine aussenpolitische Piste, sagte Sommaruga weiter. Einen Durchbruch gebe es noch nicht. Der bilaterale sei aber klar der bessere Weg.

«Eine einseitige Schutzklausel wäre zwar verfassungskonform, aber es gäbe keine Rechtssicherheit», erklärte sie. «Denn wir wissen nicht, wie die EU reagieren würde.»

Dem pflichtete auch Burkhalter bei. Er verwies dabei auf die volkswirtschaftlichen Nachteile eines Alleingangs. Diese seien nicht zu unterschätzen. Laut dem Bundesrat würde eine einvernehmliche Lösung mit der EU zudem erlauben, die Erweiterung der Freizügigkeit auf Kroatien zu ratifizieren.

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Die Details zur Schutzklausel
Aus Tagesschau vom 04.12.2015.
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Höhe der Kontingente noch offen

Die Ausgestaltung einer solchen Schutzklausel hat der Bundesrat erst grob skizziert. So soll bei der Zuwanderung von Bürgern aus EU- und EFTA-Staaten ein bestimmter Schwellenwert festgelegt werden. Dabei sollen auch gesamtwirtschaftliche Interessen berücksichtigt werden. Ist dieser Wert erreicht, müssten im Folgejahr Kontingente eingeführt werden.

Damit verschafft sich der Bundesrat ein Jahr mehr Zeit, um eine Lösung mit Brüssel zu finden. Denn auch wenn eine einseitige Schutzklausel nach Ablauf der dreijährigen Umsetzungsfrist im Februar 2017 in Kraft tritt, würde sie frühestens ein Jahr später ihre Auswirkungen zeigen.

Über die Höhe der Kontingente ist in den letzten Jahren viel diskutiert worden. Die SVP hat sich nie auf eine genaue Zahl festgelegt. Die Forderungen bewegen sich aber um etwa 40'000 Personen pro Jahr.

Keine Sozialhilfe für Arbeitslose mehr

Im Rahmen der Umsetzung der Zuwanderungsinitiative will der Bundesrat auch den Vollzug des Abkommens verbessern. Er will beispielsweise ausschliessen, dass ausländische Stellensuchende in der Schweiz Sozialhilfe beziehen. Und er plant, Kriterien zu definieren, wann eine arbeitslose Person ihr Aufenthaltsrecht verliert.

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Bundesrat versucht, EU unter Druck zu setzen
aus Heute um Vier vom 04.12.2015.
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Eine Zusatzbotschaft will er zu den Integrationsbestimmungen im Ausländergesetz vorlegen. Dabei geht es um Erleichterungen für Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen, die sich so besser in den Arbeitsmarkt integrieren sollen.

Ungelöst bleibt das Problem des Vorrangs inländischer Arbeitskräfte, den die Masseneinwanderungsinitiative zusätzlich zu den Kontingenten verlangt. Die entsprechenden Beschlüsse wird die Regierung erst in zwei Wochen fällen.

Stimmt die EU dem Vorschlag zu?

Die grosse Frage ist nun, ob die EU auf den bundesrätlichen Vorschlag eingehen wird. EU-Korrespondent Oliver Washington ist skeptisch. Zwar würde eine Schutzklausel die Personenfreizügigkeit nur temporär einschränken, aber sie würde dann nicht mehr gelten. Die EU habe bis anhin aber immer auf der Personenfreizügigkeit beharrt. Zudem gebe es dieses Instrument in der EU nicht: «Es hat kein Land die Möglichkeit eine solche Schutzklausel zu aktivieren», sagt Washington. Die EU würde der Schweiz also etwas zugestehen, das die eigenen Mitgliedstaaten nicht haben. «Dafür ist die Hürde sehr, sehr hoch.»

Einschätzung von SRF-Bundeshausredaktorin Géraldine Eicher

Der Bundesrat fährt zweigleisig und geht damit taktisch nicht ungeschickt vor. Er will der EU eine Schutzklausel schmackhaft machen. Sollte die EU diese Schutzklausel nicht schlucken, dann sieht der Bundesrat eine einseitige Einführung einer solchen Schutzklausel vor, mit der er eigenständig die Zuwanderung steuern könnte. Mit diesem Vorgehen bietet der Bundesrat allerdings innen- wie aussenpolitisch auch eine Angriffsfläche.

Wirtschaftliche Folgen

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Würden die Bilateralen I wegfallen, würde das Schweizer Bruttoinlandprodukt bis 2035 um 460-630 Mrd. Franken tiefer ausfallen. Hinzu kämen Einbussen wegen der verminderten Standortattraktivität und der Unsicherheit bezüglich der künftigen Beziehungen zur EU, der wichtigsten Handelspartnerin der Schweiz. Zu dem Schluss kommen zwei Studien des Seco.

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