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Einschätzungen von Bundeshausredaktor Fritz Reimann
Aus Tagesschau vom 23.03.2017.
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Türkischer Minister in Bern Burkhalter pocht auf Meinungsfreiheit

  • Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu weilt für einen offiziellen Besuch in der Schweiz.
  • Cavusoglu traf am Abend mit seinem Schweizer Amtskollegen Didier Burkhalter zusammen. Burkhalter forderte dabei Meinungsfreiheit für Türken auch in ihrer Heimat.

Bundesrat Didier Burkhalter hat seinen türkischen Amtskollegen, Aussenminister Mevlüt Cavusoglu, im Bundeshaus zu einem Gespräch unter vier Augen getroffen.

Mit Blick auf die Abstimmung über die türkische Verfassungsreform ermahnte Burkhalter die Türkei, Schweizer Gesetze einzuhalten; verbotene nachrichtendienstliche Tätigkeiten würden konsequent verfolgt.

«Die Schweiz anerkennt die Meinungsäusserungsfreiheit als allgemein gültiges Grundrecht. Sie hofft, dass dieses Recht auch für die Türkinnen und Türken gilt, ob sie nun in ihrer Heimat oder in der Schweiz abstimmen», sagte Burkhalter laut einer Mitteilung aus dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA).

Burkhalter habe gegenüber seinem Amtskollegen Verständnis geäussert für die schwierige Lage, in der sich die Türkei nach dem Putschversuch vom vergangenen Sommer befinde. Zugleich habe er seine Besorgnis über die zahlreichen Entlassungen und Verhaftungen zum Ausdruck gebracht und daran erinnert, dass die Verhängung des Ausnahmezustandes die Türkei nicht von internationalen Verpflichtungen im Menschenrechtsbereich entbinde.

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Besuch des türkischen Aussenministers
Aus Tagesschau vom 23.03.2017.
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Zudem hätten sich die beiden Minister über die Standpunkte beider Seiten zu verschiedenen Themen ausgetauscht, darunter die mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe, die Dauer und die Verhältnismässigkeit des Ausnahmezustandes, die Unabhängigkeit der Justiz und die Zusammenarbeit mit Institutionen wie dem Europarat.

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte das Thema Todesstrafe mit dem Referendum vom 16. April in Verbindung gebracht. Dann stimmen die Türken über eine Ausweitung der Machtbefugnisse für das Staatsoberhaupt ab.

Einschätzungen von Bundeshausredaktor Fritz Reimann

«Der türkische Aussenminister hat in der Schweiz angeklopft und gemäss den diplomatischen Gepflogenheiten konnte er erwarten, vom Schweizer Aussenminister empfangen zu werden. Das gab Burkhalter nebenbei auch die Gelegenheit, Kritik zu üben. Dem Vernehmen nach hat er das auch getan, namentlich das Missfallen der Schweiz geäussert, dass in der Türkei die Todesstrafe eingeführt werden könnte.» Dennoch wolle die Schweiz natürlich vermeiden, dass sich ihre Beziehungen zur Türkei verschlechtern.
«Aber die Frage muss gestellt werden: Soll es einem ausländischen Minister erlaubt sein, in der Schweiz politische Propaganda zu betreiben? Die Antwort des Bundesrats ist immer noch die gleiche: In der Schweiz gilt die Redefreiheit. Dazu kommt, dass man diesen Besuch offensichtlich nicht als zu grosses Sicherheitsrisiko beurteilt hat.»

Schwierige Zeit für Sicherheitskräfte

Der Besuch fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Bereits am Morgen riegelte die Polizei das Gebiet um das Bundeshaus und das nahe gelegene Luxushotel Bellevue weiträumig ab. Die Bundesgasse war seit dem Morgen für den Verkehr gesperrt.

Massive Sicherheitsvorkehrungen begleiten den Besuch
Legende: Massive Sicherheitsvorkehrungen begleiten den Besuch SRF

Auf Plätzen und Kreuzungen in der Innenstadt markierten Polizisten in Vollmontur Präsenz, ebenso im Elfenauquartier, wo sich die türkische Botschaft befindet.

Auftrittsverbote vergiften die Stimmung

Ganz unbegründet ist die Vorsicht nicht. Denn nach der Kontroverse um Abstimmungskampfauftritte türkischer Politiker in europäischen Städten ist die Stimmung aufgeheizt.

Dies gilt auch für die Schweiz, wo Veranstalter in den vergangenen Wochen aus Sicherheitsgründen mehrere Auftritte türkischer Politiker abgesagt hatten, darunter jenen von Aussenminister Cavusoglu im Kanton Zürich. Dieser gab später bekannt, er verzichte bis auf weiteres auf einen Schweiz-Besuch.

Diplomatisches Deckmäntelchen?

«Es gibt durchaus Hinweise, dass es Aussenminister Cavusoglu nicht nur darum geht, die bilateralen Beziehungen der Türkei und der Schweiz zu vertiefen», so Ruth Bossart, SRF-Korrespondentin in Istanbul. Sondern auch darum, dass er diesen Abstecher in die Schweiz auch nutzen will, um vor Landsleuten für das anstehende Verfassungsreferendum zu werben.»
Cavusoglu sei erst im November 2016 in der Schweiz gewesen. Dass er nun schon wieder offiziell in der Schweiz weile, sei etwas ungewöhnlich. «Indem er aber heute einen offiziellen Besuchstermin beim Amtskollegen hatte, wird diese Visite etwas weniger kontrovers. Das nützt Cavusoglu ebenfalls wieder. Sowohl innenpolitisch – bei den Kreisen, denen die Töne in den letzten Tagen zu schrill waren, als auch aussenpolitisch. So ganz nach dem Motto: Seht her, wir sind in Europa durchaus immer noch salonfähig und werden sogar offiziell empfangen.»

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