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Bussen für Maskensünder Esther Friedli: «Der Staat hat wichtigere Aufgaben»

Der Nationalrat entschied heute, dass Übertretungen gegen das Covid-Gesetz gebüsst werden sollen. Nun drohen Maskenverweigerern Bussen von bis zu 300 Franken. Nicht einverstanden damit ist die SVP. Nationalrätin Esther Friedli betrachtet Bussen als «nicht zielführend» – und kritisiert auch den Bundesrat.

Esther Friedli

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Esther Friedli ist Politologin und Unternehmerin. Seit 2019 ist sie Nationalrätin der SVP für den Kanton St. Gallen. Zusammen mit ihrem Partner, Toni Brunner, arbeitet sie im Familienbetrieb Landgasthaus zur Sonne in Ebnat-Kappel.

SRF: Warum haben Sie und Ihre SVP-Fraktion sich heute gegen Bussen für Maskenverweigerer ausgesprochen?

Esther Friedli: Wir sind der Meinung, dass der Staat und die Polizei wichtigere Aufgaben haben als Maskensünder zu büssen. Wenn zum Beispiel jemand im Zug einen Kaffee trinkt und dann kurz vergisst, die Maske aufzusetzen – soll er dann gebüsst werden? Im Frühling hatte der Bundesrat noch gesagt, Masken bringen nicht so viel – und jetzt soll sogar die Maskenbusse kommen!

Als Beispiel: Wir hatten über eine Frau berichtet, die sich konsequent weigert, Maske zu tragen, die auch nicht an das Virus glaubt und daran, dass sie jemandem schaden könne. Das ist für Sie in Ordnung?

Man muss die Verhältnismässigkeit sehen. Ist es sinnvoll, dass der Staat mit seiner ganzen Macht durchgreift, wenn ein Mann oder eine Frau keine Maske trägt?

Jede einzelne Person zu büssen, ist nicht zielführend.

Es geht um eine Ordnungsbusse. Das ist nicht die ganze staatliche Macht.

Ich finde es wichtig, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger an die Grundsatzregeln halten, nämlich: Abstand halten, Hygiene-Regeln einhalten – dann ist schon sehr viel getan. Jetzt einzelne Personen zu büssen, weil sie keine Masken tragen, erachten wir als nicht zielführend.

Im Parlament wurde auch die Frage diskutiert, ob bereits Firmen mit 50'000 Franken Umsatz Härtefall-Hilfe bekommen sollen. Sie haben sich für 100'000 Franken ausgesprochen. Dies würde bedeuten, dass alle Kleinbetriebe keine Hilfe bekommen würden?

Es wichtig, dass man die Unternehmen unterstützt. Wir wollen diejenigen Unternehmen schützen, die Arbeitsplätze anbieten. Bei einer Umsatzgrenze von 50'000 Franken sprechen wir mehrheitlich nicht mehr von einem Haupterwerb.

Sind Sie eigentlich zufrieden mit dem Bundesrat in der Coronakrise?

Teilweise schon. Gerade die Härtefall-Verordnung hat er gut gemacht, aber die kam ja auch aus dem Departement von Bundesrat Maurer.

Die Behörden haben die zweite Welle verschlafen.

Aber federführend in der Krise sind die SP-Bundesräte.

Aber nicht bei der Härtefall-Verordnung. In Bezug auf die Massnahmen bin ich eher kritisch. Wenn in der Gastronomie nur vier Personen am Tisch sitzen dürfen, zu Hause dann aber zehn, dann fehlt mir da etwas die Sinnhaftigkeit. Und: Die Behörden haben die zweite Welle verschlafen.

Weil man auf die Wirtschaft gehört hatte!

Nein. Man hatte zum Beispiel das Contact Tracing für wenige hundert Fälle ausgelegt, das war viel zu wenig. In einigen Kantonen waren die Leute im Contact Tracing in den Ferien, als im Oktober die zweite Welle kam. Da lief vieles nicht gut.

Man sollte beim gesunden Menschenverstand bleiben.

Da waren ja vor allem die Kantone verantwortlich. Nochmals zum Bundesrat: Heute wurde Bundesrat Ueli Maurer zu seinem 70. Geburtstag mit einem «Happy-Birthday» gefeiert, was zu einem «Shitstorm» im Netz geführt. Bereits gestern gab es ein viel kritisiertes Ständchen für den neuen Ständeratspräsidenten Alex Kuprecht. Können Sie die Empörung der Menschen nachvollziehen?

Ich habe heute im Nationalratssaal höchstens ein kurzes Summen gehört. Alle Fraktionen haben Ueli Maurer gratuliert, alle haben Masken getragen, und wir möchten ja auch in diesen schwierigen Zeiten etwas Freude ausdrücken können. Man sollte solche Dinge nicht aufbauschen, sondern beim gesunden Menschenverstand bleiben.

Das Gespräch führte Urs Leuthard.

Tagesschau, 01.12.2020, 18 Uhr ; 

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