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Bussen für Maskenverweigerer Verhaltensökonomin: «Kontrolle über sozialen Druck wirkt besser»

Masken nerven. Trotzdem tragen sie die meisten, wenn es sein muss. Die wenigen, die sich total verweigern, sollen nun gebüsst werden. Das hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden und dem Parlament so beantragt. Doch nützen Bussen? Jein, sagt Renate Schubert, Ökonomin an der ETH Zürich.

Renate Schubert

Verhaltensökonomin

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Renate Schubert ist Professorin für Ökonomie an der ETH Zürich. Sie ist auf Verhaltensökonomie, Umwelt- und Energieökonomie, sozialwissenschaftliche Analysen und Digitalisierungsfragen spezialisiert.

SRF News: Bewirken Bussen, dass man sich an die Maskenpflicht hält?

Renate Schubert: Offenbar ist es so, dass wir Menschen manche Dinge eher tun, wenn wir wissen, wenn wir es nicht tun, werden wir dafür bestraft. Die Strafen müssen aber auch eine gewisse Höhe haben, damit wir sie ernst genug nehmen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass man bestraft wird, muss eine gewisse Höhe haben, sonst wirkt das Ganze nicht.

Wenn man uns etwas wegnimmt, reagieren wir sehr empfindlich.

Bussen können wirken, weil wir alle so etwas wie eine Verlustaversion haben. Das heisst, wenn man uns etwas wegnimmt, reagieren wir sehr empfindlich. Viel empfindlicher, als wenn man uns den gleichen Geldbetrag anbieten würde. Diese Verlustaversion erklärt, warum wir oft auf Strafen reagieren.

In vielen Bereichen gibt es trotz Bussen Verstösse. Sind sie zu tief?

Ja, sie tun in vielen Fällen nicht genug weh. Manche Leute mit einem sehr hohen Einkommen, die juckt eine Strafe von 100 Franken vielleicht nicht so besonders. Wenn man die Strafen aber in der Breite sehr hoch ansetzt, dann sind sie nicht mehr verhältnismässig. Auch der Aufwand für das Eintreiben der Strafen kann unverhältnismässig sein. Man erwischt sicherlich nicht alle, wenn man eine Strafe verhängt, aber einen gewissen Teil der Leute schon.

Bussen haben auch einen Nachteil, den man aus der Verhaltensökonomie kennt: das sogenannte Crowding-out. Damit meint man, dass die sogenannte intrinsische Motivation – dass ich aus innerem Antriebe heraus sage, ja, ich halte mich an die Regeln – über die Zeit verloren geht, wenn man für die Missachtung der Regeln bestraft wird. Dann tun es die Leute nach einer Weile nicht mehr freiwillig. Da stellt sich wirklich die Frage, ob man sich das einhandeln möchte, gerade wenn man jetzt an den Fall der Masken denkt.

Wie kann man dieses Crowding-out verhindern?

Wenn man einmal anfängt mit dem Strafen, dann muss man es fortsetzen. Und die Schweiz ist kein Land, das für alles und jedes eine kleine oder grössere Strafe verhängt. Im Gegensatz zu Singapur zum Beispiel. Dort muss man, wenn man in der U-Bahn etwas isst oder trinkt, 1000 Dollar Strafe zahlen. Das ist eine ganz andere Kultur als bei uns.

Ich vermute, bei Maskenverweigerern bringt eine Geldstrafe gar nichts.

Aber was ist mit Maskenverweigerern? Was ist für die eine Geldstrafe von 300 Franken? Bringt die etwas? Ich vermute, bei denen bringt das gar nichts, denn die werden vielleicht ein Crowdfunding in die Wege leiten und finanzieren dann aus dem grossen Topf all die Strafen, die einzelne sich einhandeln.

Ist die Schweiz ein Land, das ohne gross zu bestrafen funktioniert?

Es braucht wahrscheinlich schon eine gewisse Sanktionsandrohung. Die Frage ist aber, ob eine Geldbusse immer das Richtige ist. Man kann sie und soll sie sicherlich nicht zu hoch ansetzen. Für einmal ohne Maske Tausende Franken zu verlangen, ergibt sicherlich keinen Sinn. Andererseits, wenn die Strafe nicht sehr hoch ist, wirkt sie nicht besonders. Unter Umständen wäre jemand, der zum Beispiel durchs Tram läuft und all denen, die die Maske unter der Nase tragen, ins Gewissen redet, für die Situation in der Schweiz nicht so schlecht, vielleicht sogar wirksamer als eine monetäre Busse.

Ich kann mir vorstellen, dass die Kontrollen, die über sozialen Druck funktionieren, im Schweizer Kontext fast besser wirken als eine Geldstrafe.

Das Gespräch führte Isabelle Maissen.

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Info 3, 19.11.2020, 17 Uhr ; 

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