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«Es scheint auch ein Problem der Sensibilisierung zu sein»
Aus SRF 4 News aktuell vom 29.06.2020. Bild: Keystone
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Contact Tracing verbessern Ist eine ID-Pflicht denkbar, Herr Salathé?

In einem Zürcher Nachtclub haben sich mindestens fünf Personen mit dem Coronavirus angesteckt, 300 sollen in Quarantäne. Das wurde am Wochenende bekannt. Das Nachverfolgen der Leute, die an jenem Abend im Club waren, stellt sich allerdings als schwierig heraus: Die Liste der Leute sei unvollständig und hätte Handynummern und E-Mail-Adressen enthalten, die gar nicht existierten. Ausserdem seien die Contact Tracer teils beschimpft worden, sagte die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli.

Marcel Salathé

Marcel Salathé

Professor für Epidemiologie

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Marcel Salathé ist Epidemiologe an der ETH Lausanne (EPFL). Er ist Professor und leitet das Digital Epidemiology Lab an der EPFL. Bis im Februar 2021 war er zudem Mitglied der Covid-Taskforce des Bundes.

SRF News: Muss man nach dem Fall Zürich nicht sagen, dass das Contact Tracing in der Praxis nicht funktioniert?

Marcel Salathé: Man muss sicher über die Bücher, das ist klar. Wir machen alle neue Erfahrungen mit dem Contact Tracing. Das Problem scheint ja auch eines der Sensibilisierung zu sein, dass bewusst falsche Information angegeben wurde.

Haben Sie Verständnis, dass Leute Mühe haben, ihre Personalien inklusive Handynummer und Mailadresse anzugeben?

Die Privatsphäre schützen ist wichtig. Aber wenn man in einen öffentlichen Club geht und sich bewusst ist, dass wir in einer speziellen epidemischen Situation sind, dann habe ich nur begrenzt Verständnis dafür.

Die Sensibilisierung muss insbesondere auch für die unterschiedlichen Branchen stattfinden.

Man muss also bei der Sensibilisierung ansetzen. Wie kann dies der Bund noch besser tun?

Es braucht alles etwas Zeit. Ich denke aber, dass diese Sensibilisierung insbesondere auch für die unterschiedlichen Branchen stattfinden muss. Der Fall vom Wochenende war sicher ein Weckruf für die Clubszene, diesen Ansatz etwas ernster zu nehmen und neue Massnahmen einzuführen, damit alle Besucher kontaktiert werden können.

Eine mögliche Massnahme wäre, dass in Clubs die SwissCovid-App als eine Art Eintrittskarte genutzt wird. Wäre das wünschbar?

Nein, das ist sicher der falsche Ansatz. Diese App ist ein Zusatz zum klassischen Contact Tracing. Dieses muss erst einmal richtig funktionieren, dann kann die App dazu etwas helfen. Dazu kommt, dass das gesetzlich gar nicht möglich ist. Der Artikel 60a des Epidemiengesetzes verhindert, dass man aufgrund des Benutzens dieser App diskriminieren kann. Es wäre wirklich Zeit zu überlegen, wie man sicherstellen kann, dass man korrekte Kontaktdaten hat. Auch da ist die App nicht sinnvoll, die hat ja keine persönlichen Informationen.

Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Nathalie Rickli hat gefordert, dass die Clubs eine strenge ID-Kontrolle beim Einlass machen. Ist eine ID-Pflicht denkbar?

Ja, ich glaube, solche Sachen muss man sich jetzt überlegen. Es hat in anderen Ländern die exakt gleiche Situation gegeben. In Südkorea konnte man in Clubs bis zur Hälfte der Fälle nicht nachvollziehen. Nun hat man dort auf Apps mit QR-Codes umgesattelt, wo die ID gespeichert ist. Wie man das konkret umsetzen würde, bleibt zu sehen.

Ich hoffe, dass solche Events ein Weckruf für die gesamte Bevölkerung sind.

Eine Quarantäne ist freiwillig – die Leute, die an besagtem Abend im Club waren und jetzt vielleicht infiziert sind, werden also nur sporadisch kontrolliert, ob sie sich selbst isolieren. Reicht das?

Die Kantonsärzte können die Quarantäne verfügen. Hier wird offensichtlich zu Beginn noch auf Freiwilligkeit gesetzt, was ich grundsätzlich einen guten Ansatz finde. Ob es reicht, werden wir erst im Verlauf der Zeit sehen. Aber ich hoffe, dass solche Events ein Weckruf für die gesamte Bevölkerung sind, dass die Gefahr einer zweiten Welle reell ist und man nicht so leichtfertig wegen ein paar Clubnächten den ganzen Lockdown wieder verspielen sollte.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

SRF 4 News, 29.6.2020, 7.15 Uhr;

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