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Corona und die Klimakrise WWF fordert einen nachhaltigen Neustart der Wirtschaft

Wird der Klimawandel in der Corona-Krise vergessen? Die Aktivisten bleiben dran, doch die Wissenschaft ist skeptisch.

Demos werden abgesagt, Versammlungen verboten und die Bewegung ist aus den Medien verschwunden: Für jene Kräfte, die fürs Klima kämpfen, ist derzeit keine einfache Zeit.

Lena Bühler gibt dies offen zu. Sie ist Aktivistin und Sprecherin der Klimastreikbewegung: «Natürlich hat uns die Corona-Situation einen Strich durch die Rechnung gemacht.»

Am Aktionsplan wird weiter gearbeitet

Aber selbst wenn dies in der Öffentlichkeit momentan nicht wahrgenommen werde, die Klimaaktivisten seien nicht untätig: «Wir sind alle noch sehr aktiv. Die Klimakrise erfordert schnelles und konkretes Handeln. Wir überlegen uns Strategien, wie es weitergeht und machen einen Aktionsplan. Wir als Bewegung stehen nicht still.»

Der Klimaaktionsplan ist ein Massnahmenpaket, das die Klimastreikbewegung zusammen mit einer Reihe von Wissenschaftlern erarbeitet. Ziel des ehrgeizigen Plans ist, dass die Schweiz bis in 10 Jahren kein zusätzliches CO2 mehr ausstösst. Der Plan soll bald veröffentlicht werden.

Alte Strukturen nicht zwingend erhalten

Während die Klimastreikbewegung an ihrem Aktionsplan arbeitet, steht die Umweltorganisation WWF in engem Austausch mit der Wirtschaft. Momentan produziere die Wirtschaft reduziert, aber wenn sie wieder auf Touren komme, müsse man die richtigen Weichen fürs Klima stellen, sagt Thomas Vellacott, der Geschäftsführer des WWF.

Er ist überzeugt: «Das ist eine Chance, die Wirtschaft auf eine zukunftsfähige Art hochzufahren. Wir sollten nicht Strukturen erhalten, die in ein paar Jahren sowieso verschwinden.»

Stattdessen müsse man unbedingt in eine grünere, nachhaltigere Wirtschaft investieren. Hier denken die Klimastreikbewegung und der WWF insbesondere an die Fluggesellschaften, die stark unter der Corona-Pandemie leiden und staatliche Hilfe wünschen. Für Vellacott vom WWF ist klar, der Staat dürfe dem Flugverkehr nur helfen, wenn sich dieser auch ökologisch verändere: «Der Flugverkehr hat sehr lange davon profitiert, dass das Kerosin nicht besteuert wurde. Man muss sich überlegen, wie man auch in dieser Branche zu mehr Nachhaltigkeit kommen kann.»

Mehr Leute engagieren sich beim WWF

Doch trotz Corona-Krise sei der Klimaschutz nicht aus dem Bewusstsein der Menschen verschwunden: «Die Sorge der Menschen um die Umwelt ist nicht zurückgegangen.» Es sei sogar so, dass sich derzeit mehr Menschen beim WWF engagieren würden als je zuvor, so Vellacott.

Die Klimabewegung hat ihre Zuversicht also nicht verloren, dass sie im politischen und gesellschaftlichen Diskurs bald wieder eine wichtige Rolle spielen kann. Fachleute sind hier skeptischer: Umweltforscher Andreas Diekmann von der ETH Zürich glaubt zwar, dass das Klimathema nach Corona wieder aktuell wird: «Die Corona-Krise wird selbst dann, wenn sie vorbei ist, die Weiterentwicklung nicht blockieren. Aber ich bin durchaus skeptisch, ob die Klimaziele so erreicht werden können.»

ETH-Klimaforscher ist skeptisch

Ähnlich skeptisch ist der bekannte Klimaforscher Reto Knutti, ebenfalls von der ETH Zürich. Das Coronavirus könnte die politischen Gewichte verschoben haben. Für die Zeit nach der Krise ist er pessimistisch, was die grünen Ziele betrifft: «Ich könnte mir vorstellen, dass es sogar noch schwieriger wird, diese Themen mehrheitsfähig zu machen.»

Zuversicht der Klimabewegung hin oder her: Die Corona-Pandemie hat die Grüne Welle vorerst ausgebremst.

Rendez-vous vom 08.04.2020

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