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Coronavirus im Tessin «Am meisten Sorgen macht mir, dass wir kein Ende sehen»

Fabio Regazzi ist CVP-Nationalrat und Präsident des Industrieverbandes des Kantons Tessin. Im Interview erklärt er, wie sich die Bevölkerung und die Wirtschaft auf die Verbreitung des Coronavirus in Norditalien und im Tessin einstellt und was die Erwartungen an die Bundesbehörden sind.

Fabio Regazzi

Nationalrat (CVP/TI), Anwalt und Unternehmer

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Nach dem Rechtsstudium war Fabio Regazzi Inhaber einer Anwaltskanzlei in Locarno. Von 2000 bis 2009 war er Generaldirektor der Regazzi SA, einem Industrie-Unternehmen der Familie, tätig im Maschinenbau und der Metallverarbeitung. Seit 2010 ist er CEO des Unternehmens und seit 2011 im Nationalrat.

SRF News: Herr Regazzi, Sie führen eine Firma im Metallbau. Etwa 55 Grenzgänger arbeiten bei Ihnen. Kamen sie heute alle zur Arbeit?

Fabio Regazzi: Ja, nach einem schwierigen Wochenende sind heute praktisch alle gut zur Arbeit gekommen. Soweit ich gehört habe, gab es wenige Kontrollen und sie waren auch nicht streng. Es gab auch einige Stellen wie zum Beispiel in Brissago, wo überhaupt keine Kontrollen durchgeführt worden sind. Ich habe auch mitbekommen, dass geplant ist, dass Arbeitnehmer ihren Arbeitsvertrag vorzeigen müssen. Aber anscheinend haben Sie noch nicht genügend Zeit gehabt, um sich zu organisieren. Wahrscheinlich wird es etwas strenger in den nächsten Tagen.

Wir müssen auf eine wahrscheinlich längere Krisenperiode vorbereitet sein.

Haben Sie jetzt auch vorgesorgt, dass Ihre Grenzgänger in der Schweiz Zimmer haben und dort notfalls vorübergehend schlafen können?

Ja, wir sind daran, diese Hypothese zu prüfen, weil es sein kann, dass sich in den nächsten Tagen oder Wochen die Situation noch verschlimmert. Und dass die Grenzen tatsächlich geschlossen werden. Darum sind wir jetzt am Vorbereiten und am Prüfen. Die Situation im Tessin ist sehr schwierig und kompliziert. Wir befürchten, dass die Zeit für die Unternehmen sehr schwierig wird. Was mir am meisten Sorgen macht ist, dass wir kein Ende dieser Situation sehen. In diesem Sinne müssen wir auf eine wahrscheinlich längere Krisenperiode vorbereitet sein.

Es wäre eine kleine Katastrophe, wenn Grenzgänger nicht mehr zur Arbeit kommen könnten.

Was ist jetzt wichtiger? Der Schutz der Tessiner Bevölkerung vor der Ansteckung oder der Schutz der Tessiner Wirtschaft vor dem Kollaps?

In einem solchen Fall muss man eine Interessenabwägung durchführen. Sicher ist die Gesundheit der Bevölkerung die erste Priorität. Aber wir müssen auch Massnahmen treffen, die eine gewisse Verhältnismässigkeit aufzeigen. In diesem Sinne wäre aus meiner Sicht zu dieser Zeit die Schliessung der Grenze eine übertriebene Massnahme. Aber ich kann es nicht ausschliessen, dass dies in naher Zukunft unvermeidbar sein wird.

Ist es wirklich so, dass die Wirtschaft im Tessin kollabiert, wenn die Grenzgänger nicht mehr kommen?

Kollabieren ist vielleicht ein zu starkes Wort. Aber die Konsequenzen wären sicher schwerwiegend für unsere Wirtschaft und den Gesundheitsbereich. Viele Unternehmen müssten sicher schliessen, wenn die Grenzgänger plötzlich nicht mehr zur Arbeit kommen könnten. Das wäre eine kleine Katastrophe.

Sie sind hier in Bern an der Frühjahrssession. Fühlen Sie sich im Tessin von der übrigen Schweiz gut unterstützt?

Natürlich das Tessin ist sehr exponiert in dieser Krise, aber es wird wahrscheinlich demnächst auch den Rest der Schweiz treffen. Ich muss sagen, die Bundesbehörden und auch die kantonale Behörden machen es gut. In diesem Sinne ist die Unterstützung da. Wir haben auch das Glück, dass der Aussenminister ein Tessiner ist. Er kennt die Situation sicher sehr gut und kann auch mit Italien direkt und besser verhandeln.

Erwarten Sie konkrete Massnahmen oder Unterstützung?

Kurzarbeit ist sicher ein Thema, aber aus meiner Sicht wird das wahrscheinlich nicht genügen. Einige griffigere Massnahmen sind notwendig, aber der Bundesrat ist am Evaluieren und wird sicher Massnahmen treffen.

Das Gespräch führte Christoph Nufer.

«Tagesschau» 18:00 Uhr, 09.03.2020 ; 

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