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Coronavirus in der Schweiz «Das Ansteckungsrisiko ist hierzulande verschwindend gering»

China sperrt Millionenstädte ab, die WHO befasst sich intensiv mit dem Thema, auch die Schweizer Behörden lassen sich vernehmen: Wie gefährlich ist das neuartige Coronavirus tatsächlich? SRF-Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler fasst zusammen, was man derzeit über das Virus weiss.

Thomas Häusler

Wissenschaftsredaktor

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Thomas Häusler ist Wissenschaftsredaktor bei SRF. Er hat in Biochemie doktoriert und eine Weiterbildung in Wassermanagement an der Uni Genf absolviert. Seit 2013 ist er Leiter der Wissenschaftsredaktion.

SRF News: Noch vor kurzem befassten sich nur wenige Medien mit dem neuartigen Coronavirus – jetzt berichten alle ausführlich darüber. Ist die intensive Berichterstattung der Bedrohungslage angemessen?

Thomas Häusler: Bei jeder neuen Infektionserkrankung bestehen zu Beginn grosse Wissenslücken. Deshalb ist momentan kaum abschätzbar, ob das Coronavirus eher harmlos ist oder nicht. Weil sich der Erreger auf der ganzen Welt verbreiten könnte, ist das grosse Medieninteresse eigentlich nicht überraschend.

Wie gefährlich ist das neuartige Coronavirus im Vergleich zur gewöhnlichen, alljährlichen Grippewelle?

Momentan liegt die Todesrate beim Coronavirus bei 3 Prozent – doch diese Zahl muss man mit grosser Vorsicht geniessen. Möglicherweise sind viele Krankheitsfälle gar nicht als solche erkannt worden, weil sie viel milder verlaufen sind. Falls dem so ist, wäre die Todesrate tatsächlich viel tiefer.

Jedes Jahr sterben durchschnittlich 500'000 Menschen an der Grippe

Die gewöhnliche Grippe hat je nach zirkulierendem Virus eine Todesrate von 0,1 bis 2,5 Prozent, was laut der WHO jedes Jahr zu weltweit durchschnittlich rund 500'000 Todesfällen führt. Man unterschätzt also tendenziell das Altbekannte, das Neuartige wird dagegen als viel bedrohlicher eingestuft.

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Zentral ist wohl die Frage, wie lange vor Ausbruch der Krankheit ein Mensch ansteckend ist. Was weiss man darüber?

Laut den chinesischen Behörden dauert die Inkubationszeit zehn Tage. Auch könnten Infizierte das Virus in dieser Zeit an weitere Personen weitergeben, sagen die Chinesen. Falls das stimmt, wäre es ungewöhnlich – und auch beunruhigend. Denn dann würden Infizierte die Krankheit weiterverbreiten, ohne dass es jemand bemerkt. Wir haben diese Daten nicht gesehen – und vorher wären wir sehr, sehr vorsichtig, ob das wirklich zutrifft.

Es ist unklar, wie weit fortgeschritten die Erforschung einer Impfung ist.

Wer forscht derzeit am Virus und an allfälligen Gegenmitteln respektive Impfungen?

Chinesische Spitäler testen, ob Medikamente, die gegen andere Viren erfolgreich eingesetzt werden, auch bei diesem Coronavirus helfen. Auch forschen weltweit inzwischen zahlreiche Firmen an Gegenmedikamenten. Drei Unternehmen teilten ausserdem mit, dass sie an einer Impfung forschten. Unklar ist allerdings, wie weit fortgeschritten diese Arbeiten tatsächlich sind.

Die Wahrscheinlichkeit, sich derzeit in der Schweiz anzustecken, ist verschwindend gering.

Wie gross ist derzeit die Gefahr, dass man sich in der Schweiz mit dem Virus ansteckt?

Das Coronavirus löst ähnliche Symptome aus wie das Grippevirus: Fieber, Muskelschmerzen, Übelkeit, Husten und Kurzatmigkeit. Klarheit kann nur ein Labortest liefern, den der Arzt im Verdachtsfall anordnen würde. Derzeit lässt sich allerdings festhalten: Die Wahrscheinlichkeit, sich in der Schweiz anzustecken, ist verschwindend gering.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

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