Die am Wochenende von CVP-Chef Gerhard Pfister angekündigte neue Initiative gegen die Heiratsstrafe ohne Diskriminierung von Lesben und Schwulen kommt ohne die umstrittene Definition «Ehe = Mann + Frau» aus. Die Zeit sei damit reif für eine rasche Einführung der «Ehe für alle», sagt Roman Heggli vom Schwulendachverband Pink Cross.
SRF News: Statt einer Wiederholung der Abstimmung zur Abschaffung der Heiratsstrafe soll es nun eine neue Initiative geben. Ist das in Ihrem Sinn?
Roman Heggli: Wir sind sehr erfreut und sehr erleichtert über diesen Entscheid. Es ist ein Entscheid mit Zukunft und zeigt eben auch, dass die CVP die «Ehe für alle» inzwischen unterstützt.
Welches Echo hat der Entscheid in der Schwulenszene ausgelöst?
Der Entscheid wurde sehr positiv aufgenommen. Ich habe extrem positive Rückmeldungen bekommen. Es löst die Unsicherheit der letzten Monate und alle sind sehr froh, dass man nicht nochmals durch einen Abstimmungskampf muss.
Rückt mit den CVP-Plänen die gleichgeschlechtliche Ehe tatsächlich näher?
Ja, sie rückt näher. Zumindest müssen wir nicht nochmals darüber abstimmen, ob wir in der Verfassung eine Ehe-Definition einbringen wollen, welche die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert. Wir können vielmehr in Zukunft darüber abstimmen, ob wir eine Gesetzesänderung wollen und die «Ehe für alle» tatsächlich einführen wollen.
Die CVP nimmt nun selbst Abschied von der klassischen Ehe-Definition. Das wäre wohl vor wenigen Jahren noch nicht denkbar gewesen. Stimmt Sie das zuversichtlich?
Tatsächlich fand ein sehr grosses Umdenken innerhalb der CVP statt. Eine grosse Mehrheit unterstützt inzwischen die «Ehe für alle». Das zeigte sich auch inden konstruktiven Gesprächen in den letzten Monaten, die wir mit der CVP führen durften.
Sie haben Gespräche mit der CVP geführt. Man hat also auf sie zurückgegriffen. Hatten Sie auch Einfluss auf den neuen Entscheid?
Wir konnten mit diversen Vertretern Gespräche führen und haben diverse Möglichkeiten diskutiert. Das war eine davon. Wir sind nun sehr froh und sehr erleichtert, dass das jetzt so herauskam.
Deutet das auf einen generellen tiefgreifenden Wandel in der Gesellschaft in Bezug auf homosexuelle Paare hin?
Die «Ehe für alle» geniesst inzwischen eine sehr grosse Zustimmung in der Bevölkerung. Laut verschiedenen Umfragen sind es über 70 Prozent. Das zeigt, dass die Gesellschaft bereit ist und dass die Politik gefordert ist, rasch zu handeln und die «Ehe für alle» einzuführen.
Was müsste in einer neuen Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe in Steuerangelegenheiten zwingend drinstehen?
Uns ist wichtig, dass wir genau gleich behandelt werden. Dass wir also die gleichen Rechte und Pflichten haben. Was genau in dieser Initiative steht, ist uns weniger wichtig. Es ist ein steuerpolitische Anliegen, zu dem wir keine konkrete Position haben. Uns ist wichtig, dass die Ehe-Definition raus ist und wir getrennt über die Heiratsstrafe abstimmen können.
Das Gespräch führte Claudia Weber.