Daniel M. – der Beschuldigte
Der 54-Jährige Schweizer war 16 Jahre für die Zürcher Stadtpolizei tätig, bis er im Jahr 2000 bei der UBS zu arbeiten begann. Für die Grossbank hat er laut Haftbefehl in den Bereichen «Interner Ermittlungsdienst» und «Konzernsicherheit» gearbeitet. Ab 2011 ist M. selbstständig in der Sicherheitsbranche tätig. Dabei soll er verschiedene Aufträge des Nachrichtendiensts des Bundes (NDB) ausgeführt haben. Die UBS hat bestätigt, dass es nach 2010 keinen Kontakt mehr mit Daniel M. gegeben hat.
Zwei Vorwürfe stehen gegen M. im Raum: Die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) wirft ihm den Weiterverkauf geheimer Bankdaten vor. Die deutsche Justiz ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts der Spionage für eine fremde Macht. Ihm wird angelastet, Informationen der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung mithilfe eines «Maulwurfs» in der Behörde an die Schweiz weitergegeben zu haben. M. wurde am 28. April in Frankfurt festgenommen und sitzt derzeit in Mannheim in Haft.
Valentin Landmann – der Verteidiger
Der Schweizer Anwalt Valentin Landmann vertritt Daniel M. im Verfahren, das die Bundesanwaltschaft gegen den Spion führt. Landmann kritisiert den NDB und die BA: Der Nachrichtendienst hätte M. nicht fallen lassen dürfen. Im Gegenteil: Nach der Verhaftung in Frankfurt hätte der NDB M. unterstützen müssen. Dass die BA Aussagen von M. bezüglich seiner Festnahme in der Schweiz an den Anwalt des deutschen Ex-Agenten Werner Mauss geliefert hat, bezeichnet Landmann als «unnötige Dummheit».
Klaus-Dieter Matschke – der angebliche Kontaktmann
Klaus-Dieter Matschke soll der Kontaktmann von Daniel M. in Deutschland gewesen sein. Er soll M. dabei geholfen haben, Informationen über deutsche Steuerfahnder zu bekommen. Matschke leitet in Frankfurt eine Firma für Sicherheits- und Detektiv-Aufträge. Der ehemalige Kriminaloberrat ist Spezialist für die Aufklärung von Wirtschaftskriminalität und Spionage und war viele Jahre für deutsche Sicherheitsbehörden tätig. Mit dem «Fall M.» hat er laut eigenen Aussagen nichts zu tun. Er bestreitet gar die Existenz eines «Maulwurfs» in der Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen. Allerdings bestätigte er eine frühere Zusammenarbeit mit M.
Werner Mauss – der Einfädler
Der 77-Jährige Werner Mauss gilt als deutsche Agenten-Legende. Er fädelte die Treffen ein, bei denen M. gestohlene Bankdaten der UBS verkaufen wollte. Die Treffen wurden von Wilhelm Dietl gefilmt. Im Verfahren in der Schweiz gilt Mauss als Mitbeschuldigter. Deshalb erhielt er Einsicht in die Akten. Diese gelangten aus Bern ungeschwärzt an den Anwalt von Mauss in Zürich. Anschliessend müssen die Akten auf bisher unbekannten Wegen an die deutsche Justiz gelangt sein. Die Schlinge um M. hat sich damit in Deutschland zugezogen. Mauss selbst hat unterdessen gegenüber der Bundesanwaltschaft zugegeben, die UBS über die Verhandlungen mit M. laufend informiert zu haben.
Wilhelm Dietl – der Protokollant
Wilhelm Dietl arbeitete früher für den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND). Er hat sich im Auftrag von Mauss mit M. in Frankfurt und Zürich getroffen und die Gespräche heimlich aufgezeichnet.
UBS – die Grossbank
Daniel M. wollte gestohlene Bankdaten der UBS verkaufen. Die UBS war laut Mauss darüber informiert. Die Bank hat aber nach eigenen Angaben Mauss zumindest nie einen Auftrag erteilt. UBS-Chefjurist Olivier Bartholet hingegen sagte laut Akten der Bundesanwaltschaft, dass Mauss seit längerem mit der UBS verbunden sei.
Die Stellungnahme der UBS
«UBS hat zu keinem Zeitpunkt einen Auftrag an Herrn Mauss und Herrn Dietl erteilt. Dasselbe gilt für den Herrn [Daniel] M., zu welchem die UBS zu keinem Zeitpunkt nach seinem Verlassen der Bank in Kontakt stand. UBS hat folglich auch zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Entschädigungen oder Unterstützung geleistet. UBS stand ab Oktober 2014 in Kontakt mit der Bundesanwaltschaft und hat sämtliche Schritte eng mit den Behörden abgesprochen.» |
Nachrichtendienst des Bundes (NDB) – der Auftraggeber
Der NDB hat 2012 Daniel M. beauftragt, die Namen von verdächtigen Steuerfahndern aus Nordrhein-Westfalen zu entlarven. Deutsche Ermittler sagen, dass M. «mindestens von 2012 bis Ende 2015» für den NDB tätig war. Ob M. tatsächlich einen «Maulwurf» in der Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen platziert hatte, ist unklar. Laut M. habe der NDB 60'000 von vereinbarten 90'000 Euro gezahlt. Die Verteidigung von M. erklärt, dass die volle Summe deshalb nicht gezahlt wurde, weil M. eben keinen «Maulwurf» habe installieren können. Laut NDB wurde die Zusammenarbeit mit M. in der ersten Jahreshälfte 2014 beendet.
Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) – die Verhörer
Die BA hatte Daniel M. 2015 wegen undurchsichtiger Spionagetätigkeiten in Bern in Untersuchungshaft gesetzt. Im Zuge des Verfahrens wurde auch Werner Mauss vernommen. Aus diesem Grund konnte dessen Anwalt Akteneinsicht beantragen. Die BA leitete dem Anwalt die ungeschwärzten Unterlagen weiter. Irgendwann landeten diese auf unbekannten Wegen bei den deutschen Ermittlungsbehörden. Diese konzentrierten sich daraufhin auf M. und nahmen ihn später fest.
Deutsche Justiz – die Fahnder
Im Dezember 2016 erlässt der deutsche Bundesgerichtshof Haftbefehl gegen Daniel M. Am 28. April 2017 nehmen sie ihn in Frankfurt fest. Der Fall schlägt in Deutschland hohe Wellen. Die Schweizer Botschafterin in Berlin, Christine Schraner Burgener, wird ins Auswärtige Amt eingeladen. M. sitzt derweil in Mannheim in Haft.
Schweizer Politik – die Mitwisser bis 2014
Die Schweizerische Bundeskanzlei war darüber informiert, dass die Bundespolizei (fedpol) den NDB in Sachen M. kontaktiert hatte. Der Bundesrat sei über die Entwicklung 2011 durch den damaligen Verteidigungsminister Ueli Maurer informiert worden. Der aktuelle Verteidigungsminister Guy Parmelin hat unterdessen indirekt eine NDB-Tätigkeit von M. bestätigt, in dem er sagte, dass dieser seit 2014 nicht mehr für den NDB tätig sei.
Die Vizepräsidentin der Aufsichtsbehörde des NDB-Aufsicht, Nationalrätin Corina Eichenberger (FDP/AG), bestätigte unterdessen, dass die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) sich vor fünf Jahren mit dem Fall beschäftigt habe: «Der NDB hat uns den Fall damals vorgelegt.»
Der NDB habe sich im Rahmen der Spionageabwehr damit befasst, wie deutsche Finanzverwaltungen an illegale Steuerdaten-CD gelangt waren – da sei der Mann eingesetzt worden. Damals sei im gesetzlichen Rahmen alles korrekt abgelaufen. Allerdings ging Eichenberger nicht davon aus, dass die Festnahme des Spions in Frankfurt mit seinen Tätigkeiten vor fünf Jahren etwas zu tun habe.
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