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Datenschutzrechtlich heikel Online-Portal für Todesanzeigen irritiert Angehörige

Ohne Zustimmung der Hinterbliebenen veröffentlicht eine Bieler Firma Todesanzeigen auf ihrer Internetseite.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Famads AG mit Sitz in Biel betreibt ein Online-Portal für Todesanzeigen. Ohne Zustimmung und ohne Wissen der Angehörigen publiziert die Firma dort Todesanzeigen, die sie nach eigenen Angaben zum Beispiel gedruckten Zeitungen entnimmt.
  • Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist das heikel, insbesondere, wenn die Anzeige etwa die Wohnadresse der Trauerfamilie enthält.
  • Zudem stellt sich die Frage, ob es nicht die Entscheidung der Hinterbliebenen sein sollte, wo eine persönliche Todesanzeige publiziert wird und wo nicht.
  • Die Firma stellt sich auf den Standpunkt, wer eine Todesanzeige beispielsweise in einer Zeitung veröffentliche, gebe damit automatisch auch die Zustimmung für die Veröffentlichung auf dem Famads-Portal.

Wenn in der Schweiz eine Person stirbt, informiert darüber vielerorts die Wohngemeinde – etwa mit einer Notiz im amtlichen Anzeiger oder über das Internetportal der Gemeinde. Angehörigen steht es aber frei, zusätzlich eine persönlich gestaltete Todesanzeige in der Zeitung drucken zu lassen.

Todesanzeigen im Internet

Was viele nicht wissen: Wer eine solche Todesanzeige in der Zeitung drucken lässt, stimmt damit in der Regel auch automatisch zu, dass die Anzeige zusätzlich auf dem zeitungseigenen Online-Trauerportal veröffentlicht wird. Wer das nicht will, muss dies dem Verlag so mitteilen.

Aber auch wenn die Todesanzeige ausschliesslich in der gedruckten Zeitung veröffentlicht wurde, haben die Angehörigen nicht die Gewissheit, dass sie nicht doch im Internet landet, zum Beispiel auf der Seite todesanzeigenportal.ch. Betrieben wird diese von der Famads AG mit Sitz in Biel, welche nach eigenen Angaben alle möglichen Quellen für Todesanzeigen durchforstet und die dort publizierten Anzeigen auf ihr eigenes Portal stellt.

Angehörige wissen von nichts

So staunte etwa die Familie eines im August verstorbenen Mannes, als die im lokalen Anzeiger gedruckte Todesanzeige plötzlich auch im Internet auftauchte. «Ich finde es nicht in Ordnung, dass man eine Todesanzeige ohne Zustimmung der Angehörigen einfach im Internet veröffentlicht», ärgert sich der Sohn des Verstorbenen.

Die Anzeige sei zwar nach seiner Intervention bei der Famads AG sehr schnell von der Internetseite gelöscht worden. Doch seine Fragen habe das Unternehmen nur mit allgemeinen Floskeln beantwortet. Unter anderem hatte er wissen wollen, wie das Unternehmen dazu kommt, Todesanzeigen ohne Auftrag zu veröffentlichen. Auf diese Frage schrieb ihm Famads beispielsweise: «Uns liefern Privatpersonen Daten, welche durch öffentlich verfügbare Daten ergänzt werden.»

Quasi stillschweigende Zustimmung

Auf Anfrage mag die Famads AG nur schriftlich mit dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» kommunizieren. Ein telefonisches Interview lehnt das Unternehmen ab. Zur Irritation darüber, dass die Firma ungefragt Todesanzeigen auf ihrem Portal veröffentlicht, behauptet Famads, grundsätzlich keine Anzeigen ohne Zustimmung der Angehörigen zu veröffentlichen. «Bei öffentlich verfügbaren Inseraten aus Online und Print geben die Angehörigen die Zustimmung bereits durch die Veröffentlichung des Inserats.»

Mit anderen Worten: Wer eine Todesanzeige in einer Zeitung drucken lässt, gibt damit nach dem Verständnis des Unternehmens quasi stillschweigend und automatisch auch seine Zustimmung für die Veröffentlichung der Anzeige auf dem Todesanzeigenportal von Famads.

Angehörige müssten informiert werden

Die Famads AG macht es sich damit allerdings zu einfach: Todesanzeigen enthalten nicht selten Namen und Wohnadresse der Trauerfamilie. Dabei handelt es sich zwar nicht um besonders schützenswerte Daten, doch laut Gesetz müssen Betroffene darüber informiert sein, wo und wie Daten von ihnen erhoben bzw. bearbeitet werden.

Für die Datenschützer des Bundes ist daher klar: «Angehörige müssen wissen, ob eine Todesanzeige nur im lokalen Anzeiger erscheint oder ob diese auch ins Internet gestellt wird», sagt Silvia Böhlen, Mediensprecherin des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten.

Es reiche auch nicht, wenn Angehörige einer Zeitung erlaubten, die Todesanzeige auf das verlagseigene Portal zu stellen. «Ein fremdes Portal müsste die Einwilligung ebenfalls einholen.»

Abgesehen von der rechtlichen Situation hat die Geschichte aber auch noch eine emotionale Komponente: Es stellt sich die Frage, ob die Entscheidung, wann und wo eine persönliche Todesanzeige veröffentlicht wird, nicht allein den Angehörigen überlassen werden sollte.

Unternehmen geht über die Bücher

Famads will nun nach eigenen Angaben Möglichkeiten prüfen, um zu verhindern, dass beispielsweise ungewollt Adressen von lebenden Personen veröffentlicht werden. Das Unternehmen erwäge, aus bestimmten Quellen (z.B. lokalen Anzeigern) keine Todesanzeigen mehr zu entnehmen.

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