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Detektive gegen IV-Bezüger «Arena»: Schnüffeln im Sozialstaat?

  • Im Parlament wird eine härtere Gangart gegen Sozialmissbrauch diskutiert. Privatdetektive sollen mutmassliche Betrüger umfassend überwachen können.
  • Für viele Tätigkeiten der Sozialdetektive soll es nicht mal die Genehmigung eines Richters brauchen.
  • Wird hier völlig unverhältnismässig spioniert? Oder muss dem Sozialmissbrauch endlich ein Riegel geschoben werden? Diese Fragen versuchte man in der «Arena» zu beantworten.

In der «Arena» diskutieren:

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Ausserdem im Studio:

In der Runde war man sich zu Beginn der Sendung in einem Punkt einig: Sozialversicherungs-Missbrauch ist kein Kavaliersdelikt. «Das ist ein Verbrechen, das geahndet werden muss», erklärte Nationalrätin Barbara Steinemann (SVP/ZH) in ihrem Einstiegsvotum. Mit dem gestrigen Entscheid des Ständerates habe man nun eine gesetzliche Basis hergestellt.

Auch Silvia Schenker (SP/BS) war der Meinung, dass es eine solche Vorlage geben muss. «Aber das was der Ständerat entschieden hat, geht zu weit», betonte die Nationalrätin. Mit dem Entscheid in der kleinen Kammer sind mehr Überwachungsmethoden erlaubt.

Auch die Berner Grünen-Nationalrätin Christine Häsler war der Meinung, dass der Missbrauch bekämpft werden muss, aber es müsse mit Augenmass geschehen. «Und genau in diesem Bereich will man die allerhärtesten Massnahmen anwenden», sagte Häsler und macht einen Vergleich: Im Privatleben würde man solche Überwachungsmassnahmen, welche der Ständerat beschlossen hatte, nicht akzeptieren. «Warum machen wir es dann?»

Einen anderen Aspekt griff Ruth Humbel (CVP/AG) auf: «Wir haben 220’000 IV-Rentner im Land und es geht um eine verschwindend kleine Zahl, bei der man nicht sicher ist, ob sie das System missbrauchen.» Man werfe alle IV-Rentner in einen Topf.

Dies war eine Steilvorlage für Silvia Schenker: «Ein Drittel der bewachten Personen wurden zu Unrecht überwacht und um diese Personen geht es.» Es bleibe ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Diesen Punkt griff wiederum Alex Baur von der «Weltwoche» auf. «Wenn man den Betrug bekämpfen will, dann kommt man automatisch in die Privatsphäre», erklärte der Journalist. Er betonte zudem, dass die Installation eines GPS-Trackers rechtlich zulässig ist und es keinen Unterschied mache, ob ein Sozialdetektiv einer verdächtigen Person nachfahre oder sie technisch verfolge.

Es gibt genug Methoden, die man anwenden könnte, um Missbrauch festzustellen.
Autor: Julien Neruda Geschäftsführer Inclusion Handicap

Silvia Schenker wiederum meinte: Wenn etwas nicht strafbar sei, dann heisse es noch lange nicht, dass es richtig sei. Die Frage sei, wann gibt es überhaupt das Recht, jemanden zu observieren. Und man dürfe niemanden unter Generalverdacht stellen.

Schweizer spielen so gerne Polizist.
Autor: Brigitte Obrist IV-Rentnerin

Relativierend versuchte Ruth Humbel zu bemerken, dass den Personen, welche zu Unrecht observiert werden, nichts geschehen würde. «Die bekommen ja nach wie vor ihre Rente. Und Barbara Steinemann doppelte nach: «Mit solchen Rechtsvorstellungen kann man aufhören mit Strafverfolgung.» Das Gesetz sage klar: Die Beweise müssten bei zu Unrecht verdächtigten Personen rechtsstaatlich korrekt vernichtet werden.

«Diese sind aber dem Generalverdacht ausgesetzt und haben die Demütigung, wenn es dann dennoch publik wird», kontert wiederum Häsler und fragt, warum man dies nicht der Strafverfolgungsbehörden überlasse. Ein Missbrauch sei ein Missbrauch und man solle sich auf andere Sachen konzentrieren. «Wir sollten IV-Betrüger besser integrieren können.»

Julien Neruda von Inclusion Handicap gab zu bedenken, dass es ihm Mühe mache, Missbrauch mit anderem Missbrauch zu bekämpfen. «Es gibt genug Methoden, die man anwenden könnte, um Missbrauch festzustellen. Man muss nicht mit harten Massnahmen einfahren.»

Und ihr staunt dann, dass die Leute sich irgendwelche Kniffe ausdecken, um zu überleben.
Autor: Roger Freiburghaus Psychiatriepflegefachmann

Diesen Aspekt griff auch die IV-Rentnerin Brigitte Obrist auf: Mich stört, dass ein Amt quasi Strafverfolgungs-Methoden erhält und so zur Konkurrenz der Polizei wird.» Obrist verurteilte vor allem, dass «Hinz und Kunz» die Kompetenz erhält, mutmassliche IV-Betrüger zu überwachen. «Schweizer spielen so gerne Polizist.» Zudem gehe es auch darum, was mit den Daten geschehe.

Barbara Steinemann betonte wiederum, dass es wichtig sei, auch bereits genehmigte IV-Renten zu hinterfragen. Auch Ruth Humbel unterstützte dieses Votum und meinte, dass die Hinweise auf Versicherungsbetrug von professioneller Seite kommen müssen. «Man muss den Mut haben, den Namen anzugeben, wenn man jemanden anschwärzen will», erklärte auch Silvia Schenker.

Das Thema der regelmässigen Überprüfungen der IV-Renten war aber noch nicht vom Tisch. Der Psychiatriepflegefachmann Roger Freiburghaus gab zu bedenken, dass man mit diesen Kontrollen auch Ängste schüre. «Die Betroffenen haben immer wieder Angst vor dem Streichen der IV-Rente und dann kommt man noch mit härteren Massnahmen», betonte Freiburghaus. Da sei es nicht erstaunlich, dass die Leute sich irgendwelche Kniffe ausdenken, um zu überleben. Man solle aufhören, über ein Gesetz zu diskutieren, das den Leuten nur Angst mache.

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Beim Thema rund um die Sozialhilfe, bei der auch die Schraube angezogen wird, betonte Silvia Schenker vor allem, dass 986 Franken für den Grundbedarf nicht viel sei. Alex Baur meinte wiederum, dass dies ein altes Problem sei und das es vor allem Familien betreffe.

In der Frage, ob Sozialhilfe auch ein Leben in der Gesellschaft ermöglichen solle, war man sich dann zum Schluss einig: Man soll an der Gesellschaft teilnehmen können. «Ich bin aber für Differenzierungen», betonte Barbara Steinemann. Es sei eben fraglich, was man unter «Teilnehmen an der Gesellschaft» verstehe. Silvia Schenker war der Auffassung, dass das Existenzminimum ein soziales Existenzminimum sein soll. Und bei einer Kürzung von Sozialhilfe, wie dies zurzeit im Kanton Bern der Fall sei, falle dies eben weg. Personen könnten so nicht am sozialen Leben teilnehmen.

Problem sei aber auch, dass die Sozialhilfe nicht in der Kompetenz des Bundes sei, betonte Schenker weiter. Somit könnten die Kantone selbst bestimmen, wie hoch die Sozialhilfe-Beiträge sein sollen oder nicht.

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