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Schweiz «Die bisherigen Rezepte für den Tourismus haben kläglich versagt»

Mit der Forderung, gewisse Regionen nicht mehr zu fördern und Bergtäler sich selbst zu überlassen, trat Hotelleriesuisse-Präsident Andreas Züllig kürzlich eine Kontroverse los. Auch Peter Bodenmann, früher SP-Präsident und heute Hotelier im Wallis, widerspricht. Er fordert bessere Rahmenbedingungen.

Was halten Sie von Forderungen, gewisse Landstriche zu entvölkern?

Das war ein Angstschrei aus Graubünden – mit falschen Forderungen aus meiner Sicht.

Was wären die richtigen Forderungen?

Peter Bodenmann

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Legende: Keystone

Der ehemalige Walliser SP-Nationalrat und -Staatsrat war von 1990 bis 1997 Präsident der SP Schweiz. Seit seinem Ausstieg aus der Politik im Jahr 1999 ist er Hotelier in Brig.

Es braucht bessere Rahmenbedingungen für den Tourismus in der Schweiz. Wesentlich sind vier Faktoren: Erstens brauchen wir wie die Exportindustrie einen Mindestkurs von mindestens 1,20 Franken. Zweitens: Wir brauchen endlich europäische Lebensmittelpreise. Wer die Bauern stärker fördern will als in Bayern oder Tirol, der soll das mit Direktzahlungen machen. Drittens muss das faktische Monopol von Buchungsplattformen wie booking.com gebrochen werden, die heute viel zu viel verlangen für die Vermittlung von Zimmern. Und viertens müssen Parallelimporte möglich sein, weil wir sonst für die gleichen Maschinen fast das Doppelte bezahlen wie im europäischen Raum. Wenn diese vier Forderungen erfüllt sind, dann geht es dem Tourismus in den Alpen schon recht gut. Und wenn wir selber innovativer würden, noch viel besser.

Ihr Hotel liegt zentral in Brig. Was, wenn es in einem abgelegenen Tal wie dem Goms liegen würde?

Das Goms ist doch nicht abgelegen. Von Brig ins Goms dauert es 30 Minuten. Und die Zukunft wird uns grosse Überraschungen bringen. Die anstehende Veränderung auf dem Gebiet der Mobilität wird alle Rahmenbedingungen noch einmal ändern. Elektromobilität, selbststeuernde Autos und Busse sowie die Sharing Ökonomie – in zehn Jahren wird das alles Realität sein. Das wird gigantische Auswirkungen auf den Tourismus haben und wir überlegen uns noch viel zu wenig, was das bedeutet.

Könnte die Forderung, gewisse Landstriche zu entvölkern, nicht auch einen gewissen Reiz auf Touristen ausüben?

Es gibt sicher Touristen, die gerne in der Nacht einen Wolf heulen hören. Aber eine grosse Zahl ist das nicht. Wichtig wäre es, dass wir Attraktionen und Bahnen der nächsten Generation erstellen. Die wirklich rentablen Bahnen in der Schweiz – wie jene auf Jungfrau oder Gornergrat – sind 100 und mehr Jahre alt. Und vielleicht müsste die Nationalbank ihre Gelder anstatt in ausländische Waffenschmieden in einen Fonds für hoch rentable Bahnen der nächsten Generation investieren.

Glauben Sie daran?

Die Schweiz kann nicht antizipieren. Die Schweiz als Land ist aber hochflexibel, wenn es soweit ist. Und ich denke, in zwei, drei Jahren werden alle sehen, dass die bisherigen Rezepte im Tourismus kläglich versagt haben und dass es ganz neue Ansätze braucht.

Wäre es denn ein Ansatz, gewisse Landstriche schneller entvölkern zu lassen?

Das ist eine Wahnvorstellung von Politikern, die das Gefühl haben, sie könnten diesen Prozess steuern. Wenn Sie mit dem Auto über die Pässe fahren und sehen, wie viele Hotels und Restaurants heute geschlossen sind, dann ist das längst in vollem Gang.

Audio
«Hotelierverband soll nicht Exit-Organisation spielen»
aus Echo der Zeit vom 01.08.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 55 Sekunden.

Müsste man das gezielt vorantreiben?

Ich denke, es ist nicht Aufgabe des Hoteliervereins, die Exit-Organisation zu spielen bei der Restrukturierung des Tourismus in der Schweiz.

Wer müsste das in die Hand nehmen?

Es ist ja gar kein Problem, von daher muss es auch niemand in die Hand nehmen. Zentral sind richtige Rahmenbedingungen und zukunftsgerichtete Projekte. Und ob dann irgendwo in einer peripheren Region etwas Touristisches zustande kommt, würde ich dem Markt überlassen – gerade als Linker.

Das Interview führte Samuel Wyss.

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