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Diskussion um Rahmenabkommen Ein neuer EU-Fahrplan soll es richten

Zuerst die Begrenzungsinitiative der SVP bekämpfen, die die Personenfreizügigeit beenden will – und erst dann das Rahmenabkommen regeln. Von diesem Plan hat man am Rande der ausserordentlichen Session diese Woche in Bern oft gehört. Und zwar von links bis rechts.

Darum geht es bei der Begrenzungsinitiative

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Die SVP und die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) wollen mit dem Volksbegehren die Zuwanderung begrenzen. Die Initiative «Für eine massvolle Zuwanderung» (Begrenzungsinitiative) wurde im September 2018 eingereicht.

Bei einem Ja hätte der Bundesrat ein Jahr Zeit, um mit der EU die Beendigung der Personenfreizügigkeit (PFZ) auszuhandeln. Gelingt das nicht, muss er das Abkommen kündigen. Neue Verträge, die Ausländerinnen und Ausländern Personenfreizügigkeit gewähren, sind verboten.

Unterstützung von SP bis FDP

Frappant: Lange wurde die Forderung der SP, zuerst die Fragen rund um die Personenfreizügigkeit zu klären und erst danach das Rahmenabkommen in Angriff zu nehmen, als Verzögerungstaktik abgetan. Doch nun scheint die Idee auch bei den anderen Bundesratsparteien – ausser bei der SVP – Zuspruch zu finden.

CVP-Präsident Gerhard Pfister etwa sagt, er habe dieses Szenario schon immer begrüsst: «Seit die SVP angekündigt hat, dass sie Unterschriften sammelt für die Begrenzungsinitiative, war ich der Überzeugung, wir müssen zuerst entscheiden, Bilaterale weiter oder nicht – und erst dann über ein Rahmenabkommen entscheiden.»

SP-Fraktionschef Roger Nordmann nimmt die Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager erfreut zur Kenntnis: «Es braucht eine solide Koalition zwischen der Linken, den Mitteparteien und Wirtschaftsverbänden, um den bilateralen Weg zu retten. Die Erfahrung zeigt, dass Volksinitiativen gefährlich sind.»

Begrenzungsinitiative hätte Priorität

Konkret sieht der Plan folgendermassen aus: Eigentlich muss der Bundesrat bereits Ende Juni der EU aufzeigen, wie es mit dem Rahmenabkommen weitergehen soll. Bis Ende August muss er dann die Botschaft zur Begrenzungsinitiative der SVP präsentieren. Folglich hätte 2020 für die SP, die FDP und die CVP wohl die Bekämpfung der Begrenzungsinitiative an der Urne Priorität. Der Abschluss eines Rahmenabkommens dürfte dann erst 2021 wieder in Frage kommen.

Dies hätte zur Folge, dass Brüssel im Juni höchstwahrscheinlich eine alte Drohung wahrmachen und die Börsenäquivalenz nicht verlängern würde. Kein Problem für die Wirtschaft?

FDP-Fraktionschef Beat Walti relativiert: «Gewisse Gewitter wird man sicher in Kauf nehmen müssen.» Der Zürcher Nationalrat geht aber davon aus, «dass die Gewitter sich im Rahmen halten werden, solange der Verhandlungsweg offen konstruktiv bleibt.»

Den Wähler verschaukelt?

Die «Europakoalition» aus SP, FDP und CVP will also zuerst die SVP-Initiative bodigen. Deren Präsident, Albert Rösti, reagiert auf die Angriffspläne betont gelassen: «Man sieht hier, wie gross offenbar die Angst vor dem Volk ist, wenn es um das Rahmenabkommen geht. Für mich ist das eine Art Verarschung des Wählers, wenn man sagt, jetzt entscheiden wir nichts, wir bringen etwas anderes – damit wir dann nach den Wahlen freie Fahrt haben.»

Auch wenn die Strategie bei vielen unter der Bundeshauskuppel auf offene Ohren stösst – eines bleibt klar: Ende Juni muss der Bundesrat entscheiden, ob auch er diesen neuen Fahrplan will.

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