Es ist Mittagszeit an diesem strahlend schönen Herbsttag. In der Seilbahn von Weggis nach Rigi Kaltbad herrscht Hochstimmung. Junge Individualtouristen aus Asien, Wanderer und eine Reisegruppe aus Brasilien knipsen Fotos und bewundern die Aussicht auf den Vierwaldstättersee. Während die Bahn den Berg hinauffährt jubeln die Passagiere vor Begeisterung.
Wir wollen eine Holzkonstruktion und eine Erlebnisalp, in der wir das Älplerleben auf der Rigi unseren Gästen zugänglich machen können.
Der Reiseleiter einer rund 40-köpfigen Gruppe aus Brasilien kommt regelmässig hierher. Die Königin der Berge sei geradezu ideal für ihn, sagt er. Sie ist leicht zu erreichen und begeistere seine Gäste jedes Mal aufs Neue: «Es ist ein wunderschöner Ort. Es ist so komfortabel, hoch und wieder runter zu kommen.»
Die Lebensader des Bergs
Die Bahn, sie ist die Lebensader des Bergs – aber auch für die Massen mitverantwortlich, die die Rigi an gewissen Tagen bevölkern und deshalb bei den Einheimischen vermehrt für Unmut sorgen, stellt eine Einwohnerin aus Rigi Kaltbad fest: «Es ist ein bisschen viel mit dem Tourismus. Das ist aber nur zeitweise. Für die Rigibahn ist es gut. Sie hatten magere Jahre und jetzt haben sie einen sehr guten Umsatz. Das ist schon richtig», sagt sie.
Dafür, dass die Umsätze auch in Zukunft stimmen, setzt sich Stefan Otz ein, der Geschäftsführer der Rigibahnen. Anfang Jahr hat er ein paar seiner Visionen für die kommenden Jahre visualisiert: Einen Tannzapfenturm etwa oder ein Alpdörfli auf Rigi Staffel.
Der Aufschrei liess nicht lange auf sich warten und Naturschützer, aber auch Wirtschaftsvertreter und Künstler aus der Region, mobilisierten unter dem Motto «Nein zum Rigi-Disney-World» in wenigen Wochen über 2000 Personen, die eine entsprechende Petition unterschrieben.
Wie viel ist zu viel?
Theo Weber ist einer der Erstunterzeichner. Der 57-jährige Kantonsförster verfolgt die Entwicklung auf der Rigi mit Sorge. «Disney-World» sei wohl nur ein Schlagwort und auch überzeichnet, meint Weber, der in Arth aufgewachsen ist und schon als Junge regelmässig auf die Rigi stieg.
Die Bezeichnung diene aber als Sinnbild für eine Entwicklung, welcher der Berg nicht nötig habe: «Die Rigi hat die Menschen schon immer angezogen und ich bin der tiefen Überzeugung, dass sie das weiterhin tun wird – auch ohne künstliche Inszenierung und eine Überportion an Kommerz», sagt Weber.
Wir wissen alle, dass es auch wirtschaftlichen Erfolg braucht, um Reinvestitionen zu halten. In der Diskussion ist es aber gefragt, das Mass zu finden und zu halten.
Was für die Einen eine künstliche Inszenierung ist, etwa die Errichtung eines Alpdörflis, ist für Touristiker Stefan Otz die Weiterentwicklung eines Angebots, das heute schon existiert. Dieses sei bewusst im Einklang mit der Natur gehalten, sagt er: «Vor über zehn Jahren hat man ein Plastik-Eventzelt für 800 Menschen auf den Rigi gebaut. Heute sagen wir, das ist ein Fremdkörper am Berg. Wir wollen zwar einen Event-Veranstaltungsort, in dem Veranstaltungen stattfinden können.» Das Zelt wolle man aber nicht mehr, es sei künstlich findet Otz. «Wir wollen eine Holzkonstruktion und eine Erlebnisalp, in der wir das Älplerleben auf der Rigi unseren Gästen zugänglich machen können.»
Die wirtschaftliche Realität
Damit, dass die Visionen der Bahnen für einen derartigen Rummel sorgen, hatte der 51-jährige Touristiker Otz nicht gerechnet. Nun soll ein runder Tisch Ende November die Wogen glätten und einen konstruktiven Dialog um die Weiterentwicklung in Gang setzen.
Diese sei dringend nötig. Die letzten Jahre seien zwar gut gewesen, aber: «Es mag sein, dass es aussieht als wäre die Bahn profitabel. Sie ist aber noch nicht in der Lage, die Ersatzinvestitionen aus eigenen Mitteln zu tätigen.»
Theo Weber versichert, dass die Petitionäre ihre Augen nicht vor den wirtschaftlichen Realitäten verschliessen würden: «Wir wissen alle, dass es auch wirtschaftlichen Erfolg braucht, um Reinvestitionen zu halten. In der Diskussion ist es aber gefragt, das Mass zu finden und zu halten», sagt er. Rund 800'000 Menschen haben die Rigibahnen in den letzten Jahren befördert und für den Rigibahnen-Chef gibt es durchaus noch Luft nach oben.
Theo Weber will keine zahlenmässige Obergrenze definieren, doch viel mehr als heute liege nicht drin, findet er. Eines seiner Kernanliegen hat die Rigibahn schon aufgenommen: Dass die Bedenken aus der Bevölkerung ernst genommen werden und diese bei der Entwicklung am Berg miteinbezogen werden.