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Einheitliches Zertifikat Wer darf Daten für ein Covid-Zertifikat herausgeben?

Das Covid-Zertifikat verspricht Reisen, Feiern, Freiheit für Geimpfte, Getestete und Genesene. Vieles zum Zertifikat ist noch offen, auch die Frage: Woher kommen überhaupt die Daten, die beweisen sollen, dass jemand zum Beispiel eine Covid-Krankheit durchgemacht hat? Die Berner Kantonsärztin Linda Nartey zu den möglichen Lösungen.

Linda Nartey

Berner Kantonsärztin

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Linda Nartey (Jahrgang 1968) studierte Medizin in Bern und in London. Seit 2018 ist sie Berner Kantonsärztin. Zuvor arbeitete sie unter anderem als Ärztin im Frauengesundheitszentrum der Stadt Bern, als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für übertragbare Krankheiten im Bundesamt für Gesundheit und an der Universität Bern.

SRF News: Linda Nartey, welche Möglichkeiten gibt es zu beweisen, dass jemand krank war?

Linda Nartey: Im Grundsatz wird jetzt noch diskutiert, welcher Nachweis genau der richtige ist. So, dass er einerseits verlässlich ist und dass er auch für alle Beteiligten – inklusiv derer, die ein Zertifikat beantragen – möglichst einfach ist.

Wir haben einerseits das Laborresultat des positiven Tests, das geht sowohl an die betroffene Person und als auch über das offizielle Meldewesen der übertragbaren Erkrankungen an die Gesundheitsbehörden. Andererseits gibt es auch die Isolations-Anordnung oder allenfalls die Isolations-Aufhebung, die von den Behörden gegeben wird.

Das heisst, die Kantone haben personifizierte Daten. Müsste es keine Selbstdeklaration sein?

Grundsätzlich erhält man alle diese Dokumente zugeschickt. Das heisst, man hat diese eigentlich als betroffene Person. Die Informationen sind bei den Gesundheitsbehörden unterschiedlich lange amtlich vorhanden. Nach einem bestimmten Zeitpunkt müssen sie dann anonymisiert werden. Für eine kurze Zeit könnten wir die Informationen aus diesen Systemen herausgeben, aber langfristig nicht.

Welche Lösung würden Sie begrüssen?

Ich glaube, wir alle wünschen uns ein einfaches System, in dem wir verlässliche Informationen haben. Es ist sicher schwierig für bestimmte Personen, die Informationen immer verlässlich zusammen zu haben. Also wenn man sie aus dem System übernehmen könnte, wäre das sicher die einfachste Option, aber da sind noch die Datenschutzfragen zu klären. Das sind, glaube ich, die laufenden Diskussionen und Abklärungen, die jetzt notwendig sind.

Die Rolle des Datenschutzbeauftragten

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Die Arbeitsgruppe des BAG ist zurzeit daran, verschiedene Lösungsvarianten zu evaluieren, zu denen der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter (EDÖB), Adrian Lobsiger, im Rahmen seiner gesetzlichen Beratungspflicht datenschutzrechtliche Anforderungen formuliert.

Der Datenschutzbeauftragte wird zu gegebener Zeit darüber informieren, ob und in wie weit das BAG die von ihm formulierten datenschutzrechtlichen Anforderungen erfüllt.

Stichwort Datenschutz: Darf der Kanton diese Daten einfach herausgeben, oder muss da jede Person noch ihre Zustimmung dazu geben?

Im Normalfall ist es natürlich so, dass wir zustimmen müssen, wenn unsere Daten weiterverwendet werden sollen. Das ist allerdings eine juristische Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich gehe allerdings davon aus – da wir nicht schon im Voraus diese Zustimmung erhalten haben – , dass wir diese in irgendeiner Form rückwirkend erhalten müssen. Ich könnte mir vielleicht eine pragmatische Lösung vorstellen. Dass wir mit dem Antrag für das Covid-Zertifikat diese Einwilligung geben, um vorhandene Informationen verwenden zu dürfen.

Gesetzliche Grundlage für das Speichern von Daten

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Für das Speichern von Daten bei den Kantonen gibt es folgende Vorgaben:

  • Daten aus dem Meldesystem («positiv getestete Personen»): Personendaten im System «Meldungen» werden anonymisiert oder gelöscht, sobald sie nicht mehr für Massnahmen gegenüber einzelnen Personen nach den Artikeln 33–38 des Epidemiengesetzes (EpG) benötigt werden, spätestens aber zehn Jahre nach ihrer Erhebung (Art. 98 Epidemienverordnung EpV).
  • Daten aus dem Contact-Tracing («Kontaktpersonen»): Das BAG und die zuständigen kantonalen Behörden müssen die zur Identifizierung von Personen erhobenen Daten im Rahmen von epidemiologischen Abklärungen wie Contact Tracing nach der Auswertung, spätestens jedoch nach zwei Jahren vernichten (Art. 88 Abs. 3 EpV).

Sie sagen, wie wollen ein einfaches System. Könnte der Kanton dann einfach diese Daten für ein Zertifikat zur Verfügung stellen?

Die Erfahrungen, die wir gemacht haben, sind, dass einfach nie einfach ist. Das müssten wir dann prüfen. Aber es ist schon so, dass viele Informationen digital verfügbar sind, und solange sie noch nicht anonymisiert sind, hoffe ich zumindest, dass wir Wege finden können, diese datenschutztechnisch richtig zu verwenden.

Es kann nicht sein, dass Kantonsärzte und -ärztinnen aktiv in ein System hineingehen müssen und bei einzelnen Personen Informationen abrufen müssen. Es müsste eine Automatisierung stattfinden, basierend auf den Datenbanken, die wir haben.

Das Gespräch führte Catherine Thommen.

Tagesschau, 27.04.2021, 19.30 Uhr ; 

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