Es ist einer der umstrittenen Punkte im neuen Raumplanungsgesetz: Die Rückzonung von Bauland in Landwirtschaftsland, um der Zersiedelung beizukommen. Auch ein halbes Jahr nach der Abstimmung ist noch nicht klar, welche Bodenbesitzer wie genau betroffen sind. Klar ist aber: Die Entschädigungen dürften weit weniger hoch sein als angenommen. Grund dafür ist ein Bundesgerichtsentscheid im Fall von Salenstein.
Weniger haben Anrecht auf Entschädigung
Die Thurgauer Gemeinde muss eine Bodenbesitzerin nicht entschädigen, obwohl deren Bauland wieder in Landwirtschaftsboden umgezont wurde und das Land danach an Wert verlor. Gemäss Bundesgericht habe Salenstein vor Jahren viel mehr Bauland eingezont als erlaubt. In solchen Fällen gebe es selten Entschädigungen, sagt Alain Griffel, Raumplanungsexperte und Professor an der Universität Zürich. Denn bereits damals habe man nicht mehr Land einzonen dürfen, als in den kommenden 15 Jahren mutmasslich benötigt wird. «Wenn das dann doch einmal geschah und die kantonalen Behörden das genehmigten, dann wäre das gesetzeswidrig gewesen.»
Die Gemeinde Salenstein kann also aufatmen, denn sie muss nicht bezahlen. Für viele Bodenbesitzer aber, denen eine Rückzonung droht, bedeutet das Bundesgerichtsurteil nichts Gutes. Lukas Bühlmann, Direktor der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung: «Es wir tatsächlich dazu führen, dass weniger Entschädigungen bezahlt werden müssen, als man da gedacht hat.» Denn das Bundesgericht bestätigte mit dem Salenstein-Urteil seine bisherige Praxis. Das heisst, die Chancen auf Entschädigungen bei Rückzonungen sind weiter gesunken.
Instrumente für Berechnung fehlen
Im Vorfeld der Abstimmung über das Raumplanungsgesetz hatten die Gegner Entschädigungen von über 30 Milliarden Franken errechnet. Der Bund wies diese Zahl als zu hoch zurück. Wie hoch aber die Entschädigungen landesweit sein werden, darüber gibt es bis heute keine Zahlen. Denn noch fehlen die konkreten Instrumente für diese komplizierte und nach wie vor umstrittene Rechnung – nicht nur bei der Rückzonung, sondern auch bei der Frage, aus welchem Topf die Entschädigungen bezahlt werden sollen.
Die Experten gehen davon aus, dass das neue Gesetz für Juristen auch in Zukunft viel zu tun gibt. Laut Rechtsprofessor Griffel muss man in unklaren Fällen – und das seien sehr viele – zuerst den Rechtsweg beschreiten, um zu erfahren, ob man eine Entschädigung zu gut hat oder nicht. «Das ist natürlich hochgradig unbefriedigend für alle Seiten.» Und das dürfte auch zu Verzögerungen beim Kampf gegen die Zersiedelung führen, auch wenn das Bundesgericht die Zahl Entschädigungsberechtigter eingeschränkt hat.