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Experten schlagen Alarm Die Schweiz macht sich locker, die Taskforce warnt – zu Recht?

Der Impfstoffhersteller Moderna hat Lieferengpässe: Im Mai wird die Schweiz 200'000 Impfdosen weniger als geplant erhalten. Das hat das BAG an einer Medienkonferenz in Bern bestätigt. Für die Kantone heisst das: Ärmel hochkrempeln und umdisponieren. Die zweite Hiobsbotschaft: Basierend auf den aktuellen Lockerungsschritten rechnet die wissenschaftliche Taskforce des Bundes mit einer dritten Welle im Juni. Alarmismus oder berechtigte Sorge? Die Einschätzung von SRF-Wissenschaftsredaktor Daniel Theis.

Daniel Theis

SRF-Wissenschaftsredaktor

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Daniel Theis ist promovierter Atmosphärenchemiker und Mikrobiologe. Seine Spezialgebiete sind Energiethemen, Mobilität und technische Entwicklungen. Er arbeitet seit 2013 in der SRF-Wissenschaftsredaktion.

SRF News: Die Taskforce präsentierte an der Medienkonferenz ihre Modellrechnungen und sprach von einer dritten Welle im Juni. Dabei dachten wir, wir seien schon mitten in dieser Welle. Wie kommen die Wissenschaftler zu dieser Annahme?

Daniel Theis: Die Taskforce präsentierte heute eine Modellrechnung, in der eine starke dritte Welle mit 10'000 Fällen pro Tag gezeigt wurde. Das ist etwa die Grössenordnung, wie sie in der zweiten Welle verzeichnet wurde. Die gute Nachricht: Die Spitäler wären gemäss dieser Modellrechnung weniger stark belastet als damals.

Gelingt es, das Tempo auf 100'000 Dosen pro Tag zu erhöhen, können viele Corona-Infizierte verhindert werden.

Gemäss der Taskforce können zwei Dinge auf diese dritte Welle hindeuten: Die Öffnungsmassnahmen, die mit viel mehr Kontakten einhergehen und die neue Virusvariante B1.1.7, die jetzt dominant ist bei uns. Die sogenannte britische Variante ist rund 50 Prozent ansteckender und führt auch dazu, dass mehr Menschen schwerer erkranken. Aber: Bei diesen Berechnungen sind die Unsicherheiten sehr gross. Das haben die Vertreter der Taskforce auch transparent gemacht.

Ist da auch einbezogen, dass zurzeit geimpft wird? Wenn auch nicht ganz so schnell wie erwartet?

Ja, das ist in die Modelle eingeflossen. Da zeigt sich ein deutlicher Unterschied, je nachdem, wie rasch geimpft werden kann. Gelingt es, das Tempo auf 100'000 Dosen pro Tag zu erhöhen – aktuell sind wir bei rund 40'000 – können viele Corona-Infizierte verhindert werden und auch die Intensivstationen werden klar weniger belastet.

Die Taskforce hat schon ein paar Mal vor Wellen gewarnt, die dann aber zum Glück doch nicht ganz so schlimm über uns hinweggezogen sind. Wie verlässlich sind die jetzigen Prognosen einer dritten Welle?

Das ist bekannt als das sogenannte Präventions-Paradox. Es wird gewarnt, und oft verhalten sich die Menschen dann entsprechend vorsichtig, sodass es eben gar nicht so schlimm kommt, wie einmal prognostiziert wurde. Das ist eine mögliche Erklärung. Eine andere ist, dass bei solchen Prognosen sehr viele Faktoren mit hineinspielen. Das ist wie beim Wetterbericht, je weiter in die Zukunft, desto eher kann man nur noch Trends aufzeigen, die jeweils auch nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreffen.

Die Impfung werde alles verändern, das sagt die Taskforce auch ganz deutlich.

Die Taskforce betont denn auch, es seien keine Prognosen, wo sie sagen: Exakt so wird es kommen. Es gehe darum, mögliche Trends aufzuzeigen. Aufgrund ihrer Modelle mahnen die Wissenschaftler zur Vorsicht. Man solle nicht zu viele Leute zu lange treffen und wenn irgend möglich draussen bleiben. Bei Aktivitäten drinnen soll man eine Maske tragen – gerade auch beim Singen. Die Impfung werde alles verändern, das sagt die Taskforce auch ganz deutlich. Es lohne sich deshalb, bis zu seinem Impftermin zurückhaltend zu sein, nicht nur für die Gesellschaft, auch für sich selbst.

Das Gespräch führte Danièle Hubacher.

Quelle: Bundesrat, 14.04.2021 Das hat der Bundesrat am 14. April beschlossen Private Treffen drinnen mit maximal 10 Personen Geschlossen:Restaurants und Bars (drinnen), Discos, Tanzlokale, Wellness-/Freizeitbäder (drinnen) Homeoffice-Pflicht Ausgedehnte Maskenpflicht Präsenzunterricht an Hochschulen wieder möglich.Maximal 50 Personen. Gilt für Hochschulen undErwachsenenbildung. Wettkämpfe im Amateursport mit max. 15 Personen.Gilt nur für Sportarten ohne Körperkontakt. Regeln für Sport und Kultur (mit Ausnahmen für unter 20-Jährige) 20 Empfehlung: Lassen Sie sich testen! Lockerungen ab dem 19. April Weiterhin gilt Wieder geöffnet:• Restaurants und Bars draussen• Freizeit- und Kulturbetriebe (auch drinnen)• Sportanlagen (auch drinnen) Veranstaltungen wieder möglich:• Generell maximal 15 Personen• Mit Publikum drinnen: Maximal 50 Personen resp. 1/3 der Kapazität• Mit Publikum draussen: Maximal 100 Personen resp. 1/3 der Kapazität

Info3 vom 20.04.2021, 17 Uhr ; 

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