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Fallzahlen nach den Festtagen Wettlauf mit dem Coronavirus geht in die nächste Runde

In der Schweiz beginnen viele Kantone diese Woche mit dem Impfen. In einigen Kantonen starten auch die Schulen wieder.

Droht wieder ein Anstieg der Fallzahlen? SRF-Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler befürchtet dies. Denn: «Wir wissen momentan viel weniger über die wahre Lage, als uns lieb ist.» Über die Festtage hätten weniger Leute einen Test gemacht. «Die Positivitätsrate ist wieder gestiegen, und damit wohl auch die Zahl der unbekannten Fälle.» In den nächsten Tagen werde man sehen, wie sich die Menschen an Weihnachten, Silvester und beim Skifahren verhalten haben. «War die Disziplin zu klein, werden die Zahlen steigen.»

Thomas Häusler

Wissenschaftsredaktor

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Thomas Häusler ist Wissenschaftsredaktor bei SRF. Er hat in Biochemie doktoriert und eine Weiterbildung in Wassermanagement an der Uni Genf absolviert. Seit 2013 ist er Leiter der Wissenschaftsredaktion.

Einen weiteren Schub könnte es laut Häusler geben, wenn infizierte Erwachsene und Kinder das Coronavirus im Büro und in der Schule in Umlauf bringen. Hinzu komme die grosse Frage, wie stark sich die beiden neuen Virusvarianten – jene aus Grossbritannien und jene aus Südafrika – schon ausbreiten konnten. «Die nächsten Tage und Wochen werden kritische sein.»

Was weiss man über diese Mutationen? Letzte Woche haben Untersuchungen bestätigt, dass sich die mutierte Variante des Coronavirus in Grossbritannien zwischen 40 und 70 Prozent schneller ausbreitet. Deshalb seien die Fallzahlen dort zuletzt auch stark angestiegen. Diese Virusvariante ist laut dem Wissenschaftsredaktor bereits in der Schweiz nachgewiesen worden. «Es wäre also wichtig, ihre Verbreitung möglichst zu verzögern.»

Was kann man gegen die Verbreitung tun? «Es setzt sich die Ansicht durch, dass man so schnell wie möglich impfen sollte», sagt Häusler. Dies, um das Leben von Risikopersonen zu schützen und die Fallzahlen zu drücken, was das Gesundheitssystem entlastet. Und auch, weil tiefere Fallzahlen das Risiko senken, dass weitere neue Virenvarianten entstehen, gegen die die Impfstoffe nicht mehr wirksam wären. «Je länger sich die Impfungen hinziehen, desto länger hat das Virus Zeit, impfresistente Varianten hervorzubringen.»

Experten fordern deshalb auch, dass man sofort damit beginnen sollte, Impfstoffe der zweiten Generation zu entwickeln, um Alternativen zu haben.

Die Schweiz ist weit hinten in die Warteschlange geraten.
Autor: Thomas Häusler SRF-Wissenschaftsredaktor

Steht genügend Impfstoff zur Verfügung? Andreas Faller, einst Vizedirektor des Bundesamtes für Gesundheit, kritisierte in der «Sonntagszeitung», die Schweiz hätte zu spät und zu wenig Impfdosen bestellt. «An der Kritik ist etwas dran», so Häusler. Es sei zwar ein schwieriges Geschäft und die Fachleute im BAG hätten mit vielen Unbekannten umgehen müssen. So wussten sie nicht, welche Impfstoffe eine Zulassung bekommen würden.

Sie mussten also auf mehrere Impfstoffe setzen: «Und das haben sie auch getan und dabei durchaus einen guten Riecher bewiesen. Aber sie haben dafür wohl etwas zu lange gewartet.» So wurden etwa die Verträge mit Pfizer/Biontech erst im Dezember abgeschlossen. «Dadurch ist die Schweiz weit hinten in die Warteschlange geraten», erklärt der SRF-Redaktor.

Hätte man mehr Impfstoff bestellt, hätte man damit zwar einen Überschuss und unnötige Kosten riskiert. «Aber verglichen mit den wirtschaftlichen Kosten durch die verzögerte Impfung wären das wohl ‹Peanuts› gewesen.»

Echo der Zeit, 03.01.21, 18:00 Uhr ; 

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