Im Corona-Lockdown wurden Schülerinnen und Schüler knapp zwei Monate lang per Fernunterricht beschult, etwa via Videokonferenz unterrichtet. Eine Umfrage der Pädagogischen Hochschule Zug zeigt nun, dass rund ein Drittel der Schülerinnen und Schüler in Deutschland, Österreich und der Schweiz in dieser Phase nichts oder nur wenig gelernt hat.
Der Fernunterricht hat also die Leistungsunterschiede weiter verschärft. Auf diesen Umstand machte der Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer (LCH) am Montag aufmerksam. Es sei nötig, diese Bildungsunterschiede im neuen Schuljahr mit konkreten Massnahmen anzupacken.
Erste Massnahmen schon vor Sommerferien
Die Lernunterschiede bei den Kindern seien schon vor Corona da gewesen, stellt LCH -Zentralpräsidentin Dagmar Rösler fest: «Da wurde sicher zum Teil festgestellt, dass es einigen Kindern nicht gut gegangen ist zu Hause. Diese wurden vor den Sommerferien durch Gespräche und durch Schulsozialarbeit aufgefangen. Man schaute, wo es fehlt und wo jemand wirklich an Boden verloren hat.»
Gerade Kinder, die nur in der Schule Deutsch sprechen und in einer bildungsfernen Umgebung aufwachsen, kämen in der Schule oft nicht nach, so Rösler weiter.
Die Eltern machen das nicht bewusst. Sie kommen aus einer anderen Kultur und wissen zum Teil nicht, was in der Schule verlangt wird.
Doch sie will nicht die Eltern dieser Kinder an den Pranger stellen. Diese Eltern setzten ganz andere Massstäbe und gewichteten anders: «Wir möchten da nicht von einem Fehler sprechen, weil sie das nicht bewusst und absichtlich machen. Sondern weil sie aus einer anderen Kultur kommen und zum Teil gar nicht wissen können, was in der Schule tatsächlich verlangt wird.»
Deshalb fordert der Lehrerverband mehr Geld, um für die leistungsschwachen Kinder zusätzliche Heilpädagoginnen engagieren zu können. In zusätzlichen Schulstunden sollen die Kinder so ihre Lücken aufarbeiten können.
EDK-Präsidentin schätzt die Lage anders ein
Für die Kantone hiesse das, die Budgets für die Schulen zu erhöhen. Die Präsidentin der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), Silvia Steiner, sieht das allerdings anders: «Ich beurteile die Lage zurzeit nicht kritischer als unter normalen Umständen. Wir haben immer eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die weniger leistungsfähig und vielleicht auch etwas bildungsbenachteiligter sind.»
Deshalb habe man den Lehrerinnen und Lehrern auch genügend Spielraum gegeben, um auf die schwächeren Leistungen einzelner Kinder eingehen zu können, betont die Zürcher Regierungsrätin. Etwa mit Halbklassenunterricht oder mit gezielten Fördermassnahmen.
Das System ist so ausgerichtet, dass man bei Bildungsbenachteiligungen oder besonderen Bedürfnissen von Kindern reagieren kann.
Wenn dafür mehr Geld benötigt werde, könne die Schule oder eine Lehrerin finanzielle Hilfe beantragen: «Ich glaube nicht, dass wir jetzt noch zusätzliche Mittel sprechen müssen. Das System ist darauf ausgerichtet, dass man bei Bildungsbenachteiligungen oder bei besonderen Bedürfnissen von Kindern darauf reagieren kann», sagt die oberste Bildungsdirektorin zu den Geldforderungen des Lehrerverbands.