Das Wichtigste in Kürze:
- Die meisten Ärztinnen und Ärzte lagern das Verschicken ihrer Rechnungen und das Inkasso an spezialisierte Drittfirmen aus
- Doch diese Firmen verwenden die Rechnungsdaten dazu, Datenbanken über die Kreditwürdigkeit der Kunden zu erstellen – oder sie wollen die Auswertungen sogar weiterverkaufen.
- Jetzt wird der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Adrian Lobsiger aktiv.
- In einem ersten Schritt hat er die betroffenen Firmen aufgefordert, sofort Transparenz über den Umgang mit ihren Datensammlungen herzustellen.
- Die Ärztevereinigung FMH betont die Verantwortung der Ärzte, dass Daten von Patienten nicht weiterverwendet werden. Das müsse vertraglich unmissverständlich klar sein.
Die Hinweise seien aus Kreisen der Ärzteschaft selbst gekommen, sagt der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Adrian Lobsiger. Spezialisierte Unternehmen, die für Ärztinnen und Ärzte Rechnungen verschicken und das Inkasso übernehmen, würden die Rechnungsdaten noch für ganz andere Zwecke verwenden.
So seien Datenbanken am Entstehen, die Auskunft darüber geben, wie kreditwürdig ein Kunde ist. Einzelne Anbieter wollten die Daten sogar kommerziell auswerten und an Dritte verkaufen.

Datenschützer verlangt Aufklärung
Datenschützer Lobsiger ist alarmiert: «Damit rechnet der Patient eindeutig nicht.» Zur kommerziellen Auswertung von medizinischen Rechnungsdaten hält er fest: «Das ist sicher problematisch. Wir haben es hier mit sehr sensiblen Daten zu tun.» Lobsiger ist deshalb an die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH gelangt und hat sie aufgefordert, eine Übersicht über die herrschenden Praktiken in diesem Bereich zu erstellen.
Die Ärzteschaft sollte dann in einem Schreiben darüber aufgeklärt und an ihre Pflicht erinnert werden, Patientinnen und Patienten über die Verwendung der Daten im Detail zu informieren. Doch die FMH habe ihm mitgeteilt, es seien unterschiedlichste Versionen von Geschäftsbedingungen im Umlauf: «Aufgrund dieser unübersichtlichen Lage konnte sich die FMH bis jetzt noch nicht dazu durchringen, mit dieser Information an die Ärzteschaft zu gelangen.»
Forderung nach voller Transparenz
Damit will sich Datenschützer Lobsiger nicht abfinden: «Das befriedigt uns nicht.» Er habe deshalb jetzt einen Brief an die wichtigsten Firmen in diesem Bereich geschickt, den diese heute Morgen erhalten haben: «Wir haben sie aufgefordert, die jeweilig geltenden Geschäftsbedingungen bezüglich dieser Weiterbearbeitung von Patientendaten auf ihrer Internetseite publik zu machen.»
Damit rechnet der Patient eindeutig nicht.
Lobsiger erwartet innerhalb von zehn Tagen eine Antwort der betroffenen Firmen, ob sie dazu bereit sind: «Wir fordern eigentlich stellvertretend für alle Patientinnen und Patienten die Dienstleister auf, Transparenz zu schaffen.»
Und das sei nur der erste Schritt, macht der Datenschützer klar. Sobald publik sei, was die Firmen mit den Daten alles anstellen, werde er prüfen, «ob die Weiterbearbeitung überhaupt datenrechtlich zulässig ist. Das werden wir dann im Einzelfall bei all diesen Vertragsbedingungen prüfen müssen.»
Unterschiedliche Reaktionen
Bei den beiden grössten Anbietern im Bereich der medizinischen Rechnungsstellung reagiert man heute unterschiedlich. Die Ärztekasse hält die Initiative Lobsigers für eine «ausgezeichnete Idee», wie sie auf Anfrage von Radio SRF schreibt.
Man überlege sich bereits, wie man sie am besten umsetzen könne. Bei «Swisscom Health», dem zweiten grossen Dienstleister, werden die Forderungen des Datenschützers «geprüft». Man werde das Schreiben fristgerecht beantworten, gibt die Medienstelle bekannt.
FMH: «Leistungserbringer stehen in der Verantwortung»
Die absolute Transparenz bei der Verwendung administrativer und medizinischer Daten durch Ärztekassen liege im Interesse des Patienten wie auch des behandelnden Arztes, schreibt die Ärzte-Verbindung FMH: Ärzte, Physiotherapeuten, Apotheker, Spitäler und Spitex stünden gegenüber den Patienten in der Verantwortung, dass diese Daten nicht weiterverwendet oder gar an Dritte weitergegeben werden. Dies müsse aus dem Vertrag zwischen Ärzten und besagten Dienstleistungsunternehmen klar ersichtlich sein. Laut FMH sind diese Verträge teilweise missverständlich, was bei einigen Ärzten Skepsis und Unsicherheit ausgelöst hat. Die FMH habe deshalb bereits vor Monaten Abklärungen in Gang gesetzt. Auf Anfrage der FMH bei Swisscom Health habe es Anfang Jahr geheissen, man sei an der Überarbeitung der Vertragsbedingungen. «Die FMH bleibt an dieser Thematik weiter dran», erklärt die Ärzte-Verbindung. |
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