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Galladés Parteiwechsel Bruderer: «SP ist von einer Spaltung weit weg»

Der Parteiwechsel von Chantal Galladé sorgt für Aufsehen: Die ehemalige Nationalrätin war eines der bekanntesten und profiliertesten Aushängeschilder der SP. Nach über 30 Jahren tritt sie bei der SP aus – und den Grünliberalen bei. Galladé kritisiert die Europapolitik; sie wirft der SP beim Rahmenabkommen einen ideologischen Kurs vor. Auch die Aargauer SP-Ständerätin Pascale Bruderer kritisiert immer wieder ihre Partei. Sie engagiert sich mit anderen SP-Politikern im sozialliberalen Flügel. Doch wie viel Platz hat es in der SP für solche Positionen?

Pascale Bruderer

Ständerätin

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Pascale Bruderer wurde Ende 2009 zur Nationalratspräsidentin gewählt. Nach zehn Jahren im Nationalrat wurde sie 2011 in den Ständerat gewählt, 2015 wurde sie im Amt bestätigt. Im Januar 2018 gab sie bekannt, dass sie bei den Eidgenössischen Wahlen im Herbst dieses Jahres nicht mehr antreten wird.

SRF News: Steht die SP wegen der Europapolitik vor einer Zerreissprobe?

Pascale Bruderer: Die SP ist von einer Spaltung weit weg. Ich würde sogar behaupten: weiter weg denn je. Weil sich gerade in den letzten Jahren auch mit der Gründung der reformorientierten Partei – um ein Beispiel zu nennen – jetzt gezeigt hat, dass die SP eine breite Partei ist – und diese Breite auch leben will. Daher hat es für Diskussionen Platz.

Auch ich war sehr über die Diskussionsverweigerung der Gewerkschaften enttäuscht.

Auch die europapolitische Diskussion – da bin ich inhaltlich absolut einverstanden – muss nun geführt werden. Dieser Dialog ist möglich. Wir sind zum Glück in einer Partei, die diesen Raum für einen Meinungsaustausch bietet. Und ich persönlich habe diesen auch immer wieder genutzt.

Chantal Galladé sagt, der Grund für ihren Parteiaustritt sei die Haltung der SP zu Europa: Dass sich die Partei im Schlepptau der Gewerkschaften gegen das Rahmenabkommen stellt und damit die Beziehung zu Europa gefährde. Das habe sie enttäuscht. Wie sehen Sie das?

Auch ich war persönlich sehr über die Diskussionsverweigerung der Gewerkschaften, die dann von der SP zu Beginn in der europapolitischen Debatte sofort mitgetragen wurde, enttäuscht. Diese Haltung war für mich überhaupt nicht repräsentativ.

Ein solcher Fehlstart ist für mich kein Grund mich da frustriert zu zeigen, sondern ich bin umso mehr der Meinung, dass jetzt eben diese Diskussion in ihrer Tiefe geführt, und auch die Zeit, die wir nun dafür haben, genutzt werden muss.

Innerhalb der Partei hat sich Chantal Galladé unter anderem mit Ihnen im sozialliberalen Flügel engagiert und sagt nun, dass sie damit keinen Erfolg gehabt habe. Wie viel Platz hat es in der SP für sozialliberalere Positionen?

Meine Erfahrung ist: Dafür hat es Platz. Es hat jetzt mehr denn je auch eine Plattform dafür und daher kann ich mich nur über all jene neuen Mitglieder freuen, die wir begrüssen, weil ich überzeugt bin, dass die sozialliberale Position innerhalb der SP gestärkt werden muss.

Aus meiner Sicht kann der Anspruch eines Flügels nicht sein, dass man sich immer wieder in den Beschlüssen der Partei wiedererkennen muss.

Und hierbei gibt es ganz viele andere Mitglieder, die genau diese Positionen vertreten.

Aber die Anzahl der Mitglieder ist noch nicht so zentral, viel wichtiger ist, bei welchen Themen sie gehört werden. Wo haben Sie konkret inhaltlich Erfolg?

Aus meiner Sicht kann der Anspruch eines Flügels nicht sein, dass man sich immer wieder in den Beschlüssen der Partei wiedererkennen muss. Aber der Anspruch muss sein, dass im Dialog Platz für alle Meinungen ist, dass sich niemand verbiegen muss und dass es keine Denkverbote gibt.

Aber der Parteiwechsel einer so bekannten Politikerin signalisiert etwas ganz Anderes: Für SP-Politiker vom rechten Flügel wird es immer schwieriger, sich in der SP noch zu Hause zu fühlen.

Aus meiner Sicht ist der Rücktritt von Chantal Galladé stark eine persönliche Entscheidung, aus einer persönlichen Perspektive.

Und die Idee, dass man sich mit sozialliberalen Positionen in der SP nicht am richtigen Platz fühlt, die kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, weil ich selber jetzt über zwei Jahrzehnte genau diese Linie fahre und heute mehr denn je spüre, dass es für diese Diskussion Platz gibt.

Nach diesem Parteiaustritt und den nationalen Umfrageergebnissen, die der SP Verluste prognostizieren, scheint es, dass ein Teil der Wählerschaft nicht goutiert, dass ausgerechnet die europafreundliche SP das Rahmenabkommen so stark kritisiert. Sehen Sie das auch so?

Meines Erachtens war der Start in diese Diskussion eher ein Fehlstart. Nun geht es darum, in der ganzen Breite und Vielfalt auch die Meinungen darzulegen.

Ich bin auch der Meinung, dass die europapolitische Offenheit stärker betont und zur Geltung kommen muss.

Und da möchte ich einen Kritikpunkt von Chantal Galladé schon aufnehmen: Ich bin auch der Meinung, dass die europapolitische Offenheit und unser Bekenntnis zu geregelten Beziehungen zu unserem wichtigsten Handelspartner, dass dieser Aspekt stärker betont und zur Geltung kommen muss, als es in den vergangenen Wochen und Monaten der Fall war.

Das Gespräch führte David Karasek.

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