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Gegner und Befürworter Konzernverantwortung: Eine Front quer durchs bürgerliche Lager

Auf bürgerlicher Seite haben sich zwei Abstimmungs-Komitees den Medien präsentiert. Aber mit entgegengesetzten Positionen.

Zwei Nationalräte, zwei Meinungen, die gleiche Partei. «Als Bergler weiss ich, dass man zur Umwelt Sorge tragen muss. Zu Hause habe ich gelernt, dass man mit Menschen respektvoll umgehen muss», sagt der eine. «Wir wollen alle die Menschen vor Schaden bewahren. Die Frage ist nur, wie wir das tun. Und mit dieser Initiative tun wir das ganz bestimmt nicht», sagt der andere.

Was will die Konzernverantwortungs-Initiative?

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Ein paar Gramm Gold aus dem Bergbau (Symbolbild).
Legende: Keystone/Symbolbild

Mit der Annahme der im Oktober 2016 eingereichten Konzernverantwortungs-Initiative würden globale Konzerne mit Sitz in der Schweiz einem zwingenden Regelwerk unterstellt, wenn es um die Durchsetzung von Menschenrechten und Umweltschutz bei ihren weltweiten Tätigkeiten geht.

Zentral wäre dabei die neue Sorgfaltsprüfungspflicht. Wenn ein Schweizer Konzern dieser Pflicht nicht nachkäme, müsste er für allfällige Schäden haften, die seine Tochterfirmen im Ausland verursacht haben.

Die beiden sind Simon Stadler, CVP, der 32-jährige Urner, und Gerhard Pfister, der Präsident der CVP Schweiz, fast 58. Bei der Konzernverantwortungs-Initiative kämpfen die Parteikollegen gegeneinander. Dem bürgerlichen Pro-Komitee gehören mehr als 350 Politikerinnen und Politiker an. Die grösste Gruppe sind Vertreter der CVP. Ausserdem sind Grünliberale, Leute von der BDP, der FDP und der EVP und vereinzelte SVP-Mitglieder dabei.

Keine klassische linke Initiative

Die Konzernverantwortungs-Initiative wurde von mehr als 100 Menschenrechts und Entwicklungshilfe-Organisationen lanciert. Sie ist zwar keine klassische linke Initiative, wurde aber von Beginn weg von vielen Wirtschaftsvertretern vehement abgelehnt. Insofern ist es aussergewöhnlich, dass sich ein eigenes bürgerliches Pro-Komitee gebildet hat.

So ein Komitee brauche es in dieser Frage aber, sagt CVP-Mann Stadler. «Ich glaube, es ist wichtig, dass die Leute sehen, dass man diese Werte, die die Initiative verlangt, auch aus Bürgerlicher sehr gut vertreten kann.»

Gegnerisches Komitee vor den Medien.
Legende: Gegnerisches Komitee vor den Medien: Gleich zwei Parteipräsidenten und eine -präsidentin sind dabei. Keystone

Martin Landolt, der Präsident der BDP, formuliert es so: «Mir ist es wichtig, aus bürgerlicher, wirtschaftsnahe Sicht zu sagen, dass auch Ökologie oder die Einhaltung von Menschenrechten nicht einfach ein linkes Anliegen sind, und dass diese Initiative aus meiner Sicht auch klare Chancen bedeutet für den Wirtschaftsstandort.» Das könne ein Schritt vorwärts sein zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit, «und das sind Botschaften, die ich als Bürgerlicher gerne selber erzählen möchte, nicht einem linken Komitee überlassen will».

Präsidiales Trio kämpft dagegen an

Die bürgerlichen Gegner der Initiative traten am Nachmittag gleich mit drei Parteipräsidenten vor die Medien; neben Gerhard Pfister auch SVP-Präsident Marco Chiesa und FDP-Präsidentin Petra Gössi. Sie sagte zu dem präsidialen Grossaufmarsch: «Dass heute die bürgerlichen Parteipräsidenten und ich da versammelt waren, zeigt, dass wir uns für den Werkplatz Schweiz einsetzen, und dass wir das Risiko einer Annahme der Initiative als sehr gross erachten. Deshalb sind wir bereit, gemeinsam in den Abstimmungskampf zu treten.»

Es ist ein Abstimmungskampf, anders als viele andere: Zum einen hat die Auseinandersetzung schon vor Monaten begonnen. Von den orangen Fahnen der Befürworter hängen schon 50'000 Stück an Balkonen und Fenstern im Land. Und zum anderen engagieren sich neben einem Teil der Bürgerlichen auch die Kirchen auf der Befürworterseite. Auch das ist nicht alltäglich.

Echo der Zeit, 30.09.2020, 18:00 Uhr

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