- Die Familie Larsson-Rosenquist Stiftung hat mit 30 Millionen Franken einen Lehrstuhl an der medizinischen und eine Professur an der ökonomischen Fakultät gestiftet.
- Die Forscher werden die Neuroentwicklung bei gestillten Säuglingen und die Langzeitwirkung des Stillens im Kindes- und Jugendalter untersuchen.
- Hinter der Stiftung steht die Gründer-Familie der Firma Medela, die Still-Zubehör produziert. Kritiker monieren diese Verflechtung und sehen die Unabhängigkeit der Forschung bedroht.
Warum stillen die einen Frauen und andere nicht – und welche Folgen hat dieser Entscheid? Man würde nicht erwarten, dass Ökonomen sich mit diesen Fragen befassen. Aber genau dies tut Anne Brenøe an der Uni Zürich. «Stillen ist eine wichtige Investition in den Menschen als Humankapital. Es beeinflusst die Entwicklung des Kindes und des Familienlebens», sagt die dänische Ökonomin.
Brenøe ist seit 2018 Assistenzprofessorin für Kinder- und Jugendentwicklung mit Fokus aufs Stillen an der Wirtschaftsfakultät. Neben Brenøes Professur hat die Uni 2015 an der Medizinischen Fakultät einen Lehrstuhl für Muttermilchforschung gegründet, dieser ist aber noch vakant.
Marktführerin für Stillzubehör
Finanziert wird dies mit 30 Millionen Franken von der Familie Larsson-Rosenquist Stiftung. 2013 hatte die Familie Larsson-Rosenquist Teile ihres Vermögens in die unabhängige, gemeinnützige Stiftung überführt – Geld, das sie mit der Produktion von Milchpumpen und anderem Stillzubehör verdient hatte.
Kritik wegen Verflechtung
Diese Konstellation ist dem Berner Staatsrechtsprofessor Markus Müller ein Dorn im Auge. «Mich stört, dass hier die Geldgeberin eng verflochten ist mit einer Unternehmung, die weltweit Muttermilch-Zubehör produziert und durch diese Verknüpfung eine Abhängigkeit und potentielle Beeinflussung der Forschung entsteht», sagt Müller der «Rundschau».
Müller bestreitet nicht, dass die Muttermilchforschung der Allgemeinheit zugute kommt, aber: «Sie sollte nicht beeinflusst sein von einem Unternehmen, das wirtschaftliche Interessen an dieser Forschung hat.»
Diese Bedenken teilt Wirtschaftsprofessor Ernst Fehr nicht. Er präsidiert die Exzellenz-Stiftung des Wirtschaftsdepartements, die den Vertrag mit der Familie Larsson-Rosenquist abgeschlossen hat. Die Stifterin habe keinerlei Mitsprachrechte bei Forschung und Lehre.
«Die Forscherin ist völlig frei, wie sie forschen will und wenn Medela damit nicht einverstanden wäre, könnte das Unternehmen nichts machen. Es gibt keine Möglichkeiten der Einflussnahme.» Das werde die Uni mit der geleisteten Forschung beweisen.
«Hochschulen riskieren ihre Glaubwürdigkeit»
Drittmittel werden für die Hochschulen immer wichtiger. Flossen der Uni Zürich 2008 noch 76 Millionen Franken von Privaten und der Wirtschaft zu, waren es 2018 bereits 122 Millionen Franken. Müller macht diese Entwicklung Sorgen. «Die Hochschulen riskieren, zunehmend in Abhängigkeit von potenten Kräften in der Gesellschaft zu geraten und damit ihre Glaubwürdigkeit zu verspielen.»
Auch Ernst Fehr will die Unabhängigkeit der Uni verteidigen, aber nicht nur gegen private Geldgeber. «Die Hochschule muss sich allen Einflüssen erwehren, die die Forschungsfreiheit beschneiden. Und das sind nicht nur private, sondern auch staatliche Interessen, die hier Einfluss nehmen wollen.» So entscheide etwa der Bundesrat über nationale Forschungsprojekte.