Wer als Politiker oder Politikerin im Zürcher Stadtparlament erfolgreich einen Vorstoss einreichen will, muss sich an einige formale und inhaltliche Regeln halten: Minimaler Seitenrand von 1 cm, Schriftgrösse mindestens 10 Punkt und Frauen und Männer sind «sprachlich gleichberechtigt zu behandeln».
Diese sprachliche Gleichberechtigung wurde SVP-Gemeinderätin Susanne Brunner Ende Juni zum Verhängnis: Ihr Vorstoss, der ausschliesslich von «Besetzer», «Anwohner» und «Aktivisten» spricht, wurde vom zuständigen Büro des Stadtparlaments zurückgewiesen. Der Grund: Ihr Vorstoss verletze die Richtlinien bezüglich der sprachlichen Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Es ist das erste Mal seit der Einführung dieser Richtlinien im Mai 2018, dass ein Vorstoss aus diesem Grund zurückgewiesen wurde. Susanne Brunner ist empört: «Es kann doch nicht sein, dass man mir die Freiheit nimmt, wie ich die Sätze formuliere.»
Dem widerspricht Heinz Schatt, Präsident des zuständigen Ratsbüros: «Wenn Frau Brunner nebst dem Aktivisten auch die Aktivistin nennen muss, hat das keinen Einfluss auf den politischen Inhalt des Vorstosses.» Brunner akzeptiert den Entscheid nicht und will ihn im Parlament verhandeln lassen.
Zürich steht allein da
Für Politologe Georg Lutz ist diese Gender-Vorschrift Ausdruck einer gesellschaftlichen Sensibilisierung – mit gewissen Risiken: «Solche Richtlinien bergen die Gefahr, dass es bei der Diskussion nicht mehr um den Inhalt des Vorstosses geht, sondern um Formalitäten. Und solche Vorschriften können instrumentalisiert werden.»
Eine Umfrage von SRF in den Städten Bern, Basel, St. Gallen und Luzern zeigt, dass Zürich mit dieser verbindlichen Sprachregelung allein ist. In Bern geht es bei der Prüfung der Vorstösse insbesondere um sexistische oder rassistische Formulierungen, die zu einer Rückweisung führen können, doch das komme nur selten vor, erklärt Nadja Bischoff, Leiterin der Parlamentsdienste.
Und in Luzern wird auf Komma- und Fallfehler geachtet sowie ein Faktencheck durchgeführt.
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