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Gesetz zum Bevölkerungsschutz Schwere Geburt einer Totalrevision

Eine regelrechte Zangengeburt sei das Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz gewesen, stellt der Grüne Fraktionspräsident Balthasar Glättli heute im Nationalratssaal fest: «Wenn man das Kind sieht, merkt man ihm die Geburt nicht mehr an. Aber sie war sehr schwer.»

Es darf keine Schule machen, dass eine Subkommission quasi im Gschpürsch-mi-Modus vermitteln muss.
Autor: Nicolo Paganini Nationalrat (CVP/SG)

In diesem Sinn äussern sich in seltener Einigkeit praktisch alle Fraktionsprecherinnen und -sprecher von links bis rechts. Ihre Kritik gilt dem zuständigen Bundesamt für Bevölkerungsschutz. Es habe bei der Erarbeitung des Gesetzes die Kantone nicht genügend einbezogen. Die Kantone seien daher mit einem Strauss an Forderungen an die zuständige sicherheitspolitische Kommission gelangt, worauf diese eigens eine siebenköpfige Subkommission einsetzte.

Schlechte Gesprächskultur

Diese überarbeitete die Vorlage, um sie so vor dem Absturz zu retten, wie es heisst. So etwas wolle er nicht mehr erleben, sagt CVP-Nationalrat Nicolo Paganini. «Es darf auf keinen Fall Schule machen, dass aufgrund einer schlechten Gesprächskultur zwischen Bund und Kantonen unausgegorene Vorlagen den Weg ins Parlament finden, und dass eine Subkommission quasi im Gschpürsch-mi-Modus vermitteln muss.»

Einfühlsam vermitteln zwischen Bund und Kantonen könne nicht Aufgabe von Parlamentarierinnen sein. Für die Kantone im Einsatz war die zuständige Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr. Ihr Generalsekretär Alexander Krethlow formuliert seine Kritik am zuständigen Bundesamt für Bevölkerungsschutz diplomatisch, aber deutlich: «Das Bundesamt hat sich eher zurückgehalten, würde ich sagen.»

Zehn Forderungen und viele Einwände

Zehn Hauptforderungen und deutlich mehr kleinere Einwände hätten die Kantone gehabt. Ihre Forderungen betrafen etwa Zivilschutzanlagen oder Kosten bei den vorgesehenen Alarmierungssystemen. Auf diese Anliegen sei der Bund zunächst nicht eingegangen. Dabei würden die Kantone just beim Bevölkerungsschutz eine wichtige Rolle spielen, so Krethlow. «Wir waren der Meinung, dass bei einem Gesetz, das die Kantone so stark betrifft, die Kantone nochmals hätten angehört werden können.»

Wenn eine Revision eines Gesetzes so wichtig ist, dann muss in Ausnahmefällen manchmal eine Subkommission einspringen.
Autor: Renato Kalbermatten VBS-Sprecher

Fürs angeschossene Bundesamt äussert sich der Sprecher des zuständigen Departements von Verteidigungsministerin Viola Amherd, Renato Kalbermatten. Er weist darauf hin, dass Amherd ihr Amt erst antrat, nachdem der Bundesrat das Gesetz bereits verabschiedet hatte: «Bei der Übernahme durch die neue Departemensleitung Anfang Jahr war dieses Gesetz nicht auf gutem Weg. Es gab verschiedene Differenzen zwischen Bund und Kantonen. Deshalb hat man dann eine Subkommission gegründet.»

Angenommen ohne Gegenstimme

Damit haben Parlamentarier Aufgaben übernommen, die sonst die Verwaltung erledigt. Das ist nicht gerade ein üblicher Vorgang. Der VBS-Sprecher sagt dazu: «Wenn eine Revision eines Gesetzes so wichtig ist, dann muss in Ausnahmefällen manchmal eine Subkommission einspringen. Durch die hervorragende Arbeit zwischen der Kommission, den Kantonen und dem Departement ist die Revision aber wieder auf bestem Weg.»

In der Tat stimmt der Nationalrat am Ende dem Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz mit keiner einzigen Gegenstimme zu.

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