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Gesetzes-Revision Sexualstrafrecht: So sollen Opfer besser geschützt werden

  • Im Schweizer Sexualstrafrecht soll der Schutz von Kindern ausgeweitet werden. Das schlägt die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) vor.
  • Doch auch mündige Opfer sollen besser geschützt werden. So will die Kommission etwa den neuen Straftatbestand des sexuellen Übergriffs einführen – als Ergänzung zu Nötigung oder sexueller Belästigung.
  • Zu den Vorschlägen kann in der Vernehmlassung bis zum 10. Mai Stellung bezogen werden.

Nach den Vorschlägen soll mitunter das Anbahnen von sexuellen Kontakten mit Kindern explizit unter Strafe gestellt werden. Dabei geht es um Erwachsene, die online den Kontakt zu einem Kind suchen, um einen sexuellen Missbrauch vorzubereiten. Zudem schlägt die Kommission vor, dass für bestimmte sexuelle Handlungen mit Kindern unter zwölf Jahren eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ausgesprochen werden muss.

Auf der anderen Seite wird vorgeschlagen, dass das Herstellen, das Weiterleiten und der Besitz von pornografischem Material unter Jugendlichen in Zukunft unter gewissen Umständen straflos bleiben kann, damit sie nicht unnötig kriminalisiert werden.

Neuer Straftatbestand «sexueller Übergriff»

Auch mündige Opfer will die Kommission besser schützen: Dazu stellt sie unter anderem einen neuen Begriff zur Debatte: den «sexuellen Übergriff» – als Ergänzung zu «Nötigung» oder «sexueller Belästigung». Mit dem neuen Begriff sollen sexuelle Handlungen gegen den Willen einer Person bestraft werden können, auch wenn weder Gewalt noch Drohung im Spiel ist. Die Kommission stellt dafür einen Strafrahmen von bis zu drei Jahren zur Diskussion.

Heute gibt es zwischen dem Straftatbestand sexuelle Belästigung und einer Vergewaltigung nichts dazwischen. Strafrechtsprofessor und SP-Nationalrat Daniel Jositsch sagt dazu: «Der Vergewaltigungs-Tatbestand besteht ja heute schon. Da ist klar: Da muss Gewalt oder Drohung eingesetzt werden. Wenn das der Fall ist, soll es Vergewaltigung sein. Wenn nicht, dann soll trotzdem bestraft werden – und zwar härter als heute. Also nicht nur als sexuelle Belästigung, aber weniger, als wenn das Opfer zum Beispiel mit einer Schusswaffe bedroht oder Gewalt angewendet wird.»

Kritik von Seite der Frauenrechtlerinnen

Diese neue Zwischenstufe wird von Frauenrechts-Expertinnen schon jetzt scharf kritisiert. Cyrielle Huguenoth, Kampagnenleiterin Frauenrechte bei Amnesty International, erklärt: «Mit so einem Vorschlag sagt man einem Opfer: Du hast dich gewehrt, das gilt als Vergewaltigung. Und wenn du dich nicht gewehrt hast, gilt das als sexueller Übergriff mit geringen Strafen. Wie kann man das einem Opfer erklären? Das gibt ihr oder ihm die Schuld – und das ist nicht gerecht.»

Diskutiert worden war im Vorfeld auch die «Zustimmungs-Lösung» – dass also sexuelle Handlungen nur noch mit ausdrücklichem Einverständnis erlaubt wären. Diese ist im Vorschlag der Ständerats-Kommission nun nicht enthalten. Das Vernehmlassungsverfahren dauert bis zum 10. Mai 2021.

Tagesschau vom 01.02.2021, 19.30 Uhr ; 

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