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Gesundheit des Bevölkerung Medikamentenmangel: «Am Schluss sind Patienten gefährdet»

Patienten können teilweise nur noch mit grossem Aufwand richtig behandelt werden. Der Bund wirkt hilflos.

Wenn man Carlos Beat Quinto von seinem Alltag als Hausarzt im Baselbiet erzählen hört, hofft man instinktiv, dass man in nächster Zeit nicht ernsthaft krank wird. «Ich kann mich nicht mehr darauf verlassen, dass ich die Medikamente, die ich für eine Behandlung brauche, auch wirklich bekomme.» Fast täglich müsse er Alternativen suchen, oft seien aber auch diese nicht mehr verfügbar.

Dabei gehe es längst nicht nur um besonders spezielle Heilmittel, sagt Quinto, der beim Berufsverband der Schweizer Ärzteschaft (FMH) für den Bereich öffentliche Gesundheit verantwortlich ist: «Es geht um Schmerzmittel, Medikamente zur Behandlung von Osteoporose, Impfstoffe.» Besonders dramatisch ist die Situation bei Antibiotika: «Immer wieder muss man auf Präparate mit zum Teil stärkeren Nebenwirkungen ausweichen.»

Anti-Baby-Pillen werden knapp

Sorgenfalten auch bei der Apothekerschaft. Fabian Vaucher, Präsident des Apothekerverbandes Pharmasuisse, hält die Situation «unterdessen für dramatisch». Und Spitalapotheker Enea Martinelli, der die Datenbank drugshortage.ch verantwortet, sagt, die Zahl der Engpässe habe sich zwar leicht entspannt in den letzten Monaten, «aber die Art der Engpässe ist sehr beunruhigend». So gebe es ganze Medikamentengruppen, bei denen fast nichts mehr verfügbar sei. Dazu gehören laut Martinelli Epilepsie- und Parkinson-Medikamente. Auch Mittel gegen Bluthochdruck und sogar Anti-Baby-Pillen würden knapp.

«Die Situation ist extrem unangenehm und extrem aufwändig.» Er suche fast nur noch nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten. Und diese seien obendrein meist auch wesentlich teurer als die eigentliche Behandlung.

Das sagen die zuständigen Behörden

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  • Das Bundesamt für Gesundheit (BAG)

    Die Sorgen der Gesundheits-Fachleute bleiben nicht ungehört: «Wir sind besorgt darüber, dass die Versorgung mit Arzneimitteln nicht jederzeit sichergestellt ist.» Das sagt Daniel Albrecht, der beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Bereich Heilmittelrecht verantwortet. Kurzfristig Lösungen zu finden, sei schwierig, da es sich um ein globales Problem handle, das die Schweiz nicht alleine lösen könne. «Es braucht die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern.» Die Situation werde derzeit vertieft analysiert. Eine Stossrichtung sei, dass man auch die Industrie ins Boot hole.

  • Das Bundesamt für Wirtschaftliche Landesversorgung (BWL)

    Ueli Haudenschild ist beim BWL verantwortlich für den Bereich Heilmittel. Er muss also dafür sorgen, dass die Schweiz mit ausreichend lebensnotwendigen Medikamenten versorgt ist. Auch er stellt fest: «Die Situation spitzt sich tatsächlich zu.» Im Rahmen des Versorgungsauftrags könne man zwar bei den Pflichtlagern des Bundes einen gewissen Puffer sicherstellen. «Aber im Bereich der nicht-lebensnotwendigen Präparate können wir nichts ausrichten.» Hier brauche es internationale Zusammenarbeit und es brauche weitere Erleichterungen bei der Zulassung von Medikamenten in der Schweiz.

  • Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic

    Auf Anfrage schreibt Swissmedic, man leiste «im Rahmen unserer Zuständigkeiten» laufend einen Beitrag zur Versorgungssicherheit. So würden etwa Firmengesuche zum befristeten Vertrieb eines in der Schweiz zugelassenen Arzneimittels in ausländischer Aufmachung oder Importgesuche für in der Schweiz nicht zugelassene Präparate verzugslos behandelt. Das nütze jedoch wenig, wenn auch im Ausland ein Versorgungsengpass vorliege. Zudem verweist das Institut darauf, dass gewisse Hersteller gar nicht erst ein Gesuch stellen für eine Zulassung in der Schweiz, da der Schweizer Markt zu klein sei.

Ein globales Problem

Schuld am akuten Medikamentenmangel in der Schweiz ist unter anderem, dass die Produktion vieler Wirkstoffe von Europa nach Asien verlegt wurde – aus Kostengründen. «Die Produktion von Wirkstoffen beschränkt sich heute auf sehr wenige Orte», sagt Fabian Vaucher vom Apothekerverband. «Dadurch wurden Antibiotika, Schmerzmittel, Blutdruckmittel etc. sehr günstig.» Doch bei Problemen in einer Fabrik komme es sehr schnell zu Engpässen.

«Nun werden in unseren Nachbarländern auch noch Exportverbote diskutiert», ergänzt Spitalapotheker Martinelli: «Wenn wir von dort keine Medikamente mehr importieren können, wird es kritisch für die Schweiz.»

«Am Schluss fliegt das dem Bund um die Ohren»

Enea Martinelli ortet Handlungsbedarf bei den zuständigen Bundesämtern. «Wenn es so weitergeht, fliegt das dem Bund am Schluss um die Ohren», sagt der Spitalapotheker. Und sollten die umliegenden Länder tatsächlich alle ihre Exporte stoppen, seien am Schluss die Patienten gefährdet.

Quinto vom Zentralvorstand der FMH meint, es brauche eine Art Round Table mit allen involvierten Stellen. «Es müssten alle an einen Tisch sitzen und schauen, was von der Schweiz aus machbar ist, um die Situation zu verbessern.»

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