In Lugano hat erstmals die Gay Pride stattgefunden. Bunt gekleidet und in friedlicher Stimmung zogen rund 7000 Personen durch die Stadt. Ziel der Teilnehmenden war es, Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT) nachhaltig sichtbar zu machen, sagte ein Sprecher der Veranstalter.
Angereist waren die Kundgebungsteilnehmer aus der Westschweiz, dem Tessin und auch aus Italien. Sie zogen entlang des Seequais und durch das Stadtzentrum von Lugano.
Grussbotschaft von Ignazio Cassis
Der im Tessin wohnhafte Aussenminister Ignazio Cassis begrüsste die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Namen des Bundesrates an der ersten Gay Pride der italienischsprachigen Schweiz. «Dies tue ich aus dreifacher Überzeugung, nämlich als Vertreter der Auslandschweizer, der liberalen Werte meiner Partei und meiner Italianità», sagte der FDP-Bundesrat.
Er verurteile jegliche diskriminierende oder gewalttätige Haltung auf Grund von sexuellen Präferenzen, sagte Cassis. In mehr als 70 Ländern sei Homosexualität verboten. In einigen Ländern werde sie gar mit dem Tod bestraft.
Politischer Druck vor Eröffnung einer Botschaft in Minsk
Er erinnerte an die Rolle der Schweiz beim Einstehen für die Menschenrechte, unabhängig von der sexuellen Orientierung. Vor ein paar Tagen habe er diese Frage mit einer Delegation aus Weissrussland besprochen. Die Eröffnung einer Schweizer Botschaft in Minsk sei an die Akzeptanz von Homosexuellen gebunden, sagte der Aussenminister.
Cassis beglückwünschte die Organisatoren der Gay Pride in Lugano für ihren Mut, die Veranstaltung im eher konservativen Tessin auf die Beine gestellt zu haben. Katholische Kreise hatten den Anlass im Vorfeld kritisiert, erhielten aber keine Bewilligung für eine Gegenkundgebung.
Homosexualität als Tabu
Mit Cassis freuten sich der Luganeser Stadtpräsident Marco Borradori (Lega) und die Tessiner Grossratspräsidentin Pelin Kandemir Bordoli (SP) über die Veranstaltung. Der Anlass sei wichtig für die Öffnung des Kantons gegenüber Minderheiten.
«Unsere Gesellschaft hat sich in 20 Jahren stark gewandelt», sagte Cassis im Gespräch mit der Agentur sda. Vor 20 Jahren habe er sich als Arzt im Tessin mit der Immunschwächekrankheit Aids beschäftigt. Von der Krankheit oder von Homosexualität zu sprechen, sei damals ein Tabu gewesen.