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Heikle Upgrades in Spitälern Ein Chefarzt für zusätzliche 1500 Franken

Wegen des Kostendrucks suchen Spitäler nach alternativen Geldquellen – und begeben sich mitunter in eine juristische Grauzone.

Seit dem 1. Januar 2019 dürfen bestimmte Eingriffe ausschliesslich ambulant durchgeführt werden. Die Patienten gehen also gleichentags wieder nach Hause. Das soll zur Dämpfung der Kosten im Gesundheitsbereich beitragen. Auch das Basler Claraspital hält sich an das Prinzip «ambulant vor stationär» und hat darum neue Angebote eingeführt.

«Ich wähle folgende Upgrade-Möglichkeit…»

Wer sich einer ambulanten Behandlung unterzieht, bekommt ein Formular. Dort kann man ankreuzen, ob man ein Upgrade buchen will. Die Option «Kaderarzt nach Wahl» kostet 1500 Franken. Zu überweisen als Vorauszahlung auf ein bestimmtes Konto.

Im ambulanten Bereich gibt es keine freie Arztwahl. Wir wollen unseren Patienten die Option geben, den Arzt ihres Vertrauens zu wählen.
Autor: Peter Eichenberger Spitaldirektor Claraspital

Will der Patient, dass ein bestimmter Chefarzt operiert, dann zahlt er also einen stolzen Aufpreis. Spitaldirektor Peter Eichenberger sagt, dieses Angebot entspreche einem Bedürfnis. «Im ambulanten Bereich gibt es keine freie Arztwahl. Wir wollen unseren Patienten die Option geben, den Arzt ihres Vertrauens zu wählen.»

Für weitere 1100 Franken kann auch noch ein Einbettzimmer mit gehobener Ausstattung dazugekauft werden. Natürlich erhielten auch Patienten ohne Upgrade eine gute medizinische Versorgung, so Eichenberger.

Juristische Grauzone

Für Gesundheitsökonom Heinz Locher ist das Angebot problematisch. «Das ist eine Grauzone, in die man nicht hineinschlittern sollte.» Wenn es medizinisch notwendig sei, habe jeder Patient – auch ohne Upgrade – Anspruch auf einen Chefarzt oder ein Einzelzimmer, man könne diese Leistung nicht zweimal verkaufen. Es bestehe die Gefahr, dass das Krankenversicherungsgesetz verletzt werde.

Echter Mehrwert oder nicht?

Auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) beurteilt die Upgrades kritisch und verweist auf den Tarifschutz. Er schreibt vor, dass sich Spitäler bei Leistungen, die im Krankenversicherungsgesetz aufgeführt sind, an die vorgeschriebenen Tarife halten müssen und keine weiteren Vergütungen berechnen dürfen. Es sei denn, beim zusätzlich verrechneten Angebot handle es sich um eine «echte Mehrleistung.»

Doch was eine «echte Mehrleistung» ist und was nicht – hier gehen die Meinungen auseinander. Eichenberger bezeichnet die Wahl eines bestimmten Arztes als klaren Mehrwert. Das BAG hingegen stellt dies in Frage. Sprecher Jonas Montani sagt: «Eine freie Arztwahl lässt sich gemäss unserem Ermessen fachlich wahrscheinlich nicht als Mehrleistung rechtfertigen.»

Der Preis ist sehr hoch, das klingt nach einem Künstlerhonorar.
Autor: Heinz Locher Gesundheitsökonom

Gesundheitsökonom Locher findet, selbst wenn das Ärzte-Upgrade vor dem Gesetz standhalte, bleibe dennoch die Frage, ob 1500 Franken ein angemessener Preis sei. «Der Preis ist sehr hoch, das klingt nach einem Künstlerhonorar.»

Tarife im ambulanten Bereich nicht ausreichend

Eichenberger verteidigt den Preis. Zwar gehe ein Teil des Geldes an die Ärzte. Aber der Hauptteil komme dem Spital zugute. Denn die Tarife im ambulanten Bereich würden nicht ausreichen, das Spital könne nicht mehr kostendeckend arbeiten. Die Zusatzeinnahmen seien dazu da, diese Löcher zu stopfen.

Tatsächlich seien die Tarife ein Problem, sagt auch Locher. Manche Behandlungen könnten nicht kostendeckend durchgeführt werden. Deshalb habe er ein gewisses Verständnis für die Spitäler. Auch er fordert, dass die Tarife im ambulanten Bereich angepasst werden.

Eine Revision dieser Tarife ist zwar seit Jahren im Gang, bisher aber ohne Ergebnis. Denn Spitäler, Ärzte und Krankenkassen sind sich nicht einig, was ein angemessener Tarif ist.

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