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Heikler Geschlechts-Wunsch Führen neue Gentests zu mehr Abtreibungen?

Mit einem Bluttest lässt sich das Geschlecht eines Embryos bereits in der siebten Woche feststellen. Damit wären Abtreibungen aufgrund des Geschlechts legal möglich. Das will der Bundesrat nun verbieten.

Ein paar Milliliter Blut einer werdenden Mutter genügen, um das Erbgut des Embryos zu analysieren. Neben möglichen Behinderungen und Erbkrankheiten kann dabei auch das Geschlecht des Kindes festgestellt werden. Das ist bereits ab der siebten Schwangerschaftswoche möglich, wie Gynäkologe Daniel Surbek vom Berner Inselspital gegenüber «10vor10» bestätigt.

Weil eine Abtreibung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche erlaubt ist, blieben den Eltern damit mehrere Wochen, auch aufgrund des Geschlechts zu entscheiden, ob sie das Kind wollen oder nicht.

Gentests machen neue Gesetzgebung nötig

Solche Gentests seien in Mode, sagt der Gynäkologe, der diese selbst durchführt. «In erster Linie teilen wir den Eltern mit, ob die Chromosomen normal sind oder nicht. In zweiter Linie, wenn die Frau das wünscht, das Geschlecht. Das wird jedoch eigentlich erst ab der zwölften Woche gemacht, vorher wird das Geschlecht im Prinzip nicht mitgeteilt.»

Der Bundesrat will nun generell verbieten, dass das Geschlecht vor der 12. Schwangerschaftswoche mitgeteilt werden darf, um Abtreibungen zu vermeiden.

Ständerätin Pascale Bruderer (SP/AG) hatte mit einem Vorstoss die Verschärfung des Gesetzes angestossen und begrüsst diese Massnahme: «Geschlechterselektion ist nicht erwünscht und nicht tolerierbar in unserer Gesetzgebung. Diese Hintertür soll nun geschlossen werden.»

Eine Abtreibung dürfe nicht aufgrund des Geschlechts vorgenommen werden, sagt Bruderer: «Ich bin klar der Meinung, dass es nicht toleriert werden kann, dass ein Baby wegen dem richtigen oder falschen Geschlecht auf die Welt gebracht wird oder nicht.»

Schutz des Kindes oder Vorenthaltung von Informationen?

Die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) ist damit jedoch nicht einverstanden. Den Eltern das Geschlecht des Kindes vorzuenthalten sei nicht richtig, sagt Kommissionsmitglied Frank Mathwig: «Es gibt diese Spannung zwischen der Selbstbestimmung, der reproduktiven Autonomie, dem Recht auf Wissen, auf der anderen Seite auch immer die Gefahr, dass es kippt und in einen Missbrauch dieses Wissens ausartet.» Diese Spannung könne man aber nicht auflösen, man müsse sie mit plausiblen Argumenten klären.

100 Abtreibungen pro Jahr wegen Geschlecht

Dass bereits heute Kinder aufgrund des Geschlechts abgetrieben würden sei Fakt, sagt Gynäkologe Surbek. Jedoch sei dies nur bei einer Minderheit der Fall: «Ich würde schätzen, dass schweizweit sicher 100 Fälle pro Jahr betroffen sind. Sowohl bei Schweizerinnen, als auch – vielleicht ein bisschen häufiger – bei schwangeren Frauen aus anderen ethnischen Hintergründen.»

Ob die neue Gesetzgebung des Bundesrates, die solche Abtreibungen verhindern möchte, zur Anwendung kommen soll, muss nun im Parlament beraten werden. Derzeit befasst sich die zuständige Nationalratskommission mit dem Geschäft.

Zur ethisch schwierigen Frage, was die Eltern über ihr ungeborenes Kind wissen dürfen diskutiert Arthur Honegger mit Ruth Baumann-Hölzle, Leiterin des Instituts «Dialog Ethik» und selbst langjähriges Mitglied der Ethikkommission.

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