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«Ich habe es gesehen» Toni Brunner macht Schluss mit Politik

  • SVP-Nationalrat Toni Brunner hört als Nationalrat auf und beendet seine politische Laufbahn. Das berichtet die Zeitung «Schweiz am Wochenende».
  • Von 2008 bis 2016 war Brunner Parteipräsident der SVP. Unter ihm erreichte die Partei bei den Parlamentswahlen 2011 mit 29,4 Prozent ein Rekordergebnis.

Toni Brunner wurde 1995 als jüngster Nationalrat aller Zeiten gewählt – und wäre nächstes Jahr der jüngste Alterspräsident geworden. Doch auf diese Ehre verzichtet der Toggenburger.

In der Zeitung «Schweiz am Wochenende» erklärt Brunner seinen Rücktritt auf Ende dieses Jahres. «Am Samstag erhält der Nationalratspräsident mein Rücktrittsschreiben. Neben der Politik sind meine Familie, mein Bauernhof und der Landgasthof immer etwas zu kurz gekommen», sagt er im Interview. «Ich habe es gesehen.»

Also mache ich lieber Platz für einen Jungen
Autor: Toni Brunner SVP-Nationalrat

Doch Brunner bewog noch ein weiterer Aspekt zu seinem Entscheid: «Zöge ich die Legislatur durch, müsste meine Partei in St. Gallen bei den Parlamentswahlen im nächsten Herbst mit einem Bisherigen weniger antreten, was zu einem Sitzverlust führen könnte. Also mache ich lieber Platz für einen Jungen.»

Brunners Kritik an der Politik

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«Was ich generell in der Politik vermisse, ist die Authentizität. Ich kam so jung in die Politik, dass gar keine Zeit blieb, um mir eine Rolle zurechtzulegen. Ich habe gar nie gelernt, mich diplomatisch auszudrücken. Redete, wie mir der Schnabel gewachsen ist.»

Ziehsohn von Blocher

Brunner, der als politischer Ziehsohn des SVP-Chefstrategen Christoph Blocher gilt, prägte die Partei, etwa deren rigide Migrationspolitik, den antieuropäischen und antiökologischen Kurs und den Einsatz für Armee und Landwirtschaft.

Während seiner Parteipräsidentschaft wurden die Ausschaffungsinitiative, die Masseneinwanderungsinitiative, die Selbstbestimmungsinitiative und die Durchsetzungsinitiative lanciert. Doch auch die Abspaltung der BDP fiel in Brunners Amtszeit.

Brunner über Eveline Widmer-Schlumpf

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«Für mich war respektlos, was Widmer-Schlumpf gemacht hat. Wenn man hinter dem Rücken der eigenen Leute mit dem Gegner kooperiert. Es ging ihr um das eigene Ego und nicht um das Wohl des Landes.»

Der Instinktpolitiker

Bundesrat wollte Brunner, der Bauernsohn aus Ebnat-Kappel, nie werden. Auch wenn ihn Blocher und die «Weltwoche» immer wieder als idealen Kandidaten sahen, war seine Antwort stets ein klares Nein. Als Stolperstein für den Instinktpolitiker galten vor allem seine mangelnden Sprachkenntnisse.

Im Nationalrat sass Brunner während 23 Jahren fest im Sattel. Er galt stets als bekennender Parteipolitiker. Für Sachpolitik interessierte er sich nur am Rande. Das liess sich an seinen Vorstössen im Parlament und seinem zurückhaltenden Engagement in den Kommissionen ablesen.

Fairer Verlierer

Misserfolge nahm Brunner meist gelassen. Zweimal scheiterte er bei den St. Galler Ständeratswahlen, 2011 an Gewerkschaftsbund-Präsident Paul Rechsteiner (SP). «Es weht ein SP-Lüftchen durchs Land», kommentierte Brunner die Wahlniederlage.

Tradition, aussenpolitische Abschottung, Skepsis gegenüber dem Staat und Fremden: Brunner vertrat solche Positionen nicht nur, er verkörperte sie als Landwirt, als Mitbesitzer eines Landgasthofs und Initiant eines Ländler-Radios.

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