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Jugendliche ohne Arbeit «Arbeitslosigkeit kann zu langfristig tieferem Einkommen führen»

Wegen der Pandemie steigt auch die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen. So habe die Pandemie die Lehrstellensuche und die Berufsbildung erschwert, sagt die Soziologin Irene Kriesi.

Irene Kriesi

Professorin für Soziologie

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Irene Kriesi forscht am EHB, dem Eidg. Hochschulinstitut für Berufsbildung in Zollikofen. Sie hat untersucht, wie sich der Berufswunsch zwischen 15 und 21 Jahren verändert und welche Rolle Ausbildungstyp, Herkunft sowie das Geschlecht spielen.

SRF News: Wie schlimm ist die Situation der Jugendlichen punkto Ausbildung und Arbeit in Ihren Augen?

Irene Kriesi: Die Arbeitslosigkeit von jungen Menschen in der Schweiz ist 40 Prozent höher als sie noch vor einem Jahr war, bei den 20- bis 25-Jährigen beträgt die Zunahme sogar 45 Prozent. Es sind also deutlich mehr junge Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen als vor der Pandemie.

Liegt das Problem eher bei der Lehrstellen- oder bei der Jobsuche nach der Lehre?

Beides kann ein Problem sein. Grundsätzlich ist es in einer Rezession immer schwierig, nach der Lehre eine Stelle zu finden, die der Ausbildung entspricht. Das kann langfristige Folgen haben: Arbeitslosigkeit im frühen Erwerbsleben geht später oft mit tieferem Einkommen einher, auch verkleinert Arbeitslosigkeit die Einstellungschancen.

In einer Rezession ist es immer schwierig, nach der Lehre eine geeignete Stelle zu finden.

Bei der Lehrstellensuche beginnt das Problem bei der derzeit fehlenden Möglichkeit von Schnupperlehren. Auch werden Berufsmessen und Info-Veranstaltungen bloss elektronisch angeboten, was den Schülerinnen und Schülern die Berufswahl enorm erschwert. Ob die Corona-Pandemie grundsätzlich zu einem Rückgang der Anzahl angebotener Lehrstellen führen wird, kann man dagegen noch nicht abschätzen.

Problem: Keine Schnupperlehre

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Legende: Keystone

Problematisch sind die derzeit nicht möglichen Schnupperlehren etwa deshalb, weil manche Firmen Lehrstellen nur an jemanden vergeben, der oder die eine Schnupperlehre im Betrieb absolviert hat. «Schnupperlehren sind oft eine Art Vorselektion», sagt Irene Kriesi. Zudem erhalten Jugendliche, die schlechtere Schulnoten haben, keine Chance, sich in einer Schnupperlehre als für den angestrebten Beruf als geeignet zu empfehlen.

«Auch basiert jede Auswahl eines Jugendlichen seiner Lehrstelle und umgekehrt des Betriebs für einen Auszubildenden darauf, dass eine gewisse Passung zwischen Betrieb und Person da sein muss», so Kriesi. Ob jemand in einen Betrieb passe, sei aber ohne persönlichen Kontakt – ohne ein paar Tage Schnupperlehre – fast nicht möglich herauszufinden, sagt die Soziologin. Von den fehlenden Schnupperlehren seien vor allem Jugendliche der zweiten Sekundarstufe betroffen, die sich bald für einen Berufsweg entscheiden müssen.

Homeoffice, Kurzarbeit: Wie wirkt sich das auf die Qualität der Ausbildung der Lehrlinge aus?

Homeoffice erschwert die Betreuung der Lernenden. Sie sind auf gute Instruktionen und eine gute Betreuung angewiesen. Doch im Homeoffice sind sie gezwungen, selbständig zu arbeiten, sie haben weniger Betreuung. Darunter leiden viele. Bei der Kurzarbeit besteht das Problem, dass die Lernenden weniger Arbeitserfahrung sammeln können – das kann sich später negativ auf die Lehrabschlussprüfung auswirken.

A uch an den Berufsschulen fiel der Präsenzunterricht teilweise aus – gibt es Hinweise darauf, dass die Jugendlichen dort derzeit weniger gut ausgebildet werden wegen Corona?

Die Lehrpersonen an Berufsschulen und Fachhochschulen sind in der Tat zum Schluss gekommen, dass die Auszubildenden im Fernunterricht weniger gelernt haben. Allerdings gibt es keine Studien, welche die tatsächliche Lernleistung abgefragt hätten – die Auswirkungen sind also objektiv schwierig abzuschätzen.

Möglicherweise stehen in einigen Jahren mehr Jugendliche ohne Ausbildung da.

Klar ist: Die Folgen der Coronakrise sind für jene Jugendlichen am grössten, die gar keine Lehrstelle finden oder keine im gewünschten Beruf. Das könnte dazu führen, dass in einigen Jahren mehr Jugendliche ohne Ausbildung dastehen. Möglich ist auch, dass die Lehrabschlussquote im Sommer sinken könnte. Doch das ist derzeit bloss eine Spekulation.

Welche mittel- und langfristigen Folgen haben all diese Ausbildungsprobleme infolge von Corona für die Schweizer Wirtschaft?

Wenn eine ganze Generation von Jugendlichen schlechter ausgebildet ist, kann das tatsächlich negative Folgen haben. Für jene Jugendlichen, die ganz ohne Ausbildung bleiben, liegen sie vor allem auf persönlicher Ebene. Negativ ins Gewicht fallen würde auch, wenn sehr viele Jugendliche länger arbeitslos blieben oder keine ihrer Ausbildung entsprechende Stelle finden würden. Das würde sich langfristig auf die Löhne und ihre Beschäftigungschancen auswirken.

Das Gespräch führte Marlen Oehler.

Hier finden Sie Hilfe in der Coronazeit

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Corona beschäftigt uns alle. Unten finden Sie eine Liste mit Hotlines und Ratgebern rund um Corona.

BAG Infoline Coronavirus : 058 463 00 00 (täglich 6 bis 23 Uhr)

BAG Infoline Corona-Impfung : 058 377 88 92 (täglich 6 bis 23 Uhr)

Dureschnufe : Plattform für psychische Gesundheit rund um das neue Coronavirus

Angst und Panikhilfe Schweiz , Hotline: 0848 801 109 (10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr)

Eltern-Notruf Schweiz , Hotline: 0848 35 45 55 (24x7)

Pro Juventute , Hotline für Kinder- und Jugendliche: 147 (24x7)

Schweizer Sorgen-Telefon : 143 (24x7)

Suchthilfe Schweiz : Hotline für Jugendliche im Lockdown 0800 104 104 (Di. bis Do. 9 bis 12 Uhr)

Branchenhilfe.ch : Ratgeberportal für Corona betroffene Wirtschaftszweige

SRF 4 News aktuell vom 9.2.2021, 06.20 Uhr ; 

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