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Keine Ostermenus auswärts Wohin mit all den Entrecôtes, Filets und Schlegeln?

Seit die Restaurants zu sind und auch keine grösseren Anlässe mehr erlaubt, will vor allem die edleren Stücke niemand mehr kaufen. Doch die Tiere sind bereits aufgezogen und müssten geschlachtet werden.

Für die Fleischbranche ist die Lage derzeit schlimm. Stellvertretend für Einmannbetriebe und Grosskonzerne gleichermassen, sagt Ruedi Hadorn, Direktor des Schweizer Fleischfachverbandes SFF: «Mit der Schliessung der Restaurants und den vielen Märkten, die verboten sind, sind die Umsätze massiv eingebrochen. Wir rechnen mit Einbussen von 80 bis 90 Prozent.»

Denn in normalen Zeiten wird die Hälfte allen Fleisches ausserhalb der eigenen vier Wände verzehrt. Am härtesten trifft es jene, die vom Geschäft mit Kalb-, Rind- oder Gitzifleisch leben. Denn dieses Fleisch wird vorwiegend an die Gastronomie verkauft. Ein Beispiel ist Marcel Dettling, SVP-Nationalrat und Bauer im Kanton Schwyz. Er hat 14 Kühe und 20 Kälber. «Wir stehen vor riesigen Problemen. Die Tiere wären bereit für den Schlachthof. Sie können aber den Stall nicht verlassen. Die Ställe sind nun übervoll, denn die Schlachthöfe nehmen nur noch dosiert Kälber entgegen.»

Schlachthof straft Bauern für grosse Kälber

In Dettlings Fall hat ihm der Schlachthof diese Woche nur eines statt drei Kälbli abgenommen. Bleiben die Tiere aber länger im Stall, legen sie an Gewicht zu, und dann machen die Schlachthöfe Abzüge, weil sie zu schwer sind. «Die Kälber sind nachher zu alt», erklärt er. «Wir haben Vorgaben, wie alt ein Kalb sein darf, damit es als Kalbfleisch verkauft werden darf. Es darf nicht älter als 160 Tage sein. Wenn man diese Grenze überschreitet, gibts Abzüge.»

Riesige Schäden entstünden dadurch bei den Bergbauern, so Dettling. Denn: Kälber werden vorwiegend von Bergbauern gemästet. Eine Alternative ist, die Tiere trotzdem zu schlachten und das Fleisch einzufrieren.

Frisches Fleisch kann zu besseren Preisen abgesetzt werden als das, das einmal eingefroren war.

Doch das sei teuer, sagt Heinrich Bucher, Direktor der Genossenschaft Proviande, die die Interessen der Fleischbranche vertritt: «Dies wegen der Einlagerungskosten in den Gefrierhäusern selbst. Das Fleisch erfährt aber auch einen Wertverlust. Frisches Fleisch kann zu besseren Preisen abgesetzt werden als jenes, das einmal eingefroren war.» Es sei bis zu 30 Prozent billiger.

Drei Millionen gleichen den Verlust nicht aus

Der Bundesrat hat letzte Woche zwar drei Millionen Franken gesprochen, um das Einfrieren von Fleisch zu unterstützen. Hadorn vom Fleischfachverband sagt dazu aber: «Das ist leider nur ein Tropfen auf den heissen Stein und wird nie ausreichen, um die Situation einigermassen in den Griff zu bekommen.»

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Alles nur negativ also? Nein. Auch in der Fleischindustrie gibt es Lichtblicke. Zum Beispiel bei kleineren Metzgereien: «Die Metzgerei läuft momentan sehr gut. Die Leute haben etwas mehr Zeit und lassen sich gerne beraten, wie sie die Stücke zubereiten sollen», sagt David Hatecke. Seine Familie betreibt im Zentrum Zürichs eine Metzgerei. Hatecke stellt fest, dass viele Leute, die lange nicht mehr gekocht hätten, plötzlich wieder Freude daran entwickelten.

Zudem zögen Konsumenten kleinere Läden wegen des Coronavirus momentan vor und der Einkaufstourismus jenseits der Grenze sei auch versiegt, so der junge Metzger. Nur: Mit dem Mehrverkauf in Metzgereien lassen sich die Einbussen bei Gastronomie und Anlässen nicht ausgleichen.

Rendez-vous, 08.04.2020, 12:30 Uhr

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