Ihren Wahlsieg von 2015 mit fast 30 Prozent Wähleranteil bringt die SVP nicht so richtig auf den Boden: Das zeigt eine Auswertung der «Rundschau» in Zusammenarbeit mit dem Polit-Experten Michael Hermann. Ausgewertet wurden 55 Geschäfte zwischen der Frühjahrssession 2016 und der soeben beendeten Sommersession.
Einbezogen wurden jene Geschäfte, die von der SVP in Medienmitteilungen kurz vor oder während einer Session besonders hervorgehoben wurden. Also Geschäfte, die der SVP wichtig sind. Das Resultat: Bei 47 Prozent hatte die SVP-Nationalratsfraktion in der Schlussabstimmung Erfolg.
SVP steht oft alleine da
Auffällig und für die SVP besonders schmerzhaft: In rund 80 Prozent der analysierten Geschäfte setzten sich FDP, CVP und BDP durch. Die SVP politisiert also deutlich ausserhalb des bürgerlichen Blocks und steht oft alleine da. Auch alle anderen Parteien gehörten in diesen Geschäften öfters zu den Gewinnern als die SVP selber: GLP (75,6 Prozent), SP (66,3 Prozent), Grüne (64,5 Prozent). Trotz ihrer Fraktionsstärke ist die SVP bei den Geschäften, die ihr wichtig sind, nicht Dealmaker.
Grund dafür sind fehlende Freunde im Parlament. Für Politologe Michael Hermann ist klar: «Die alte Taktik funktioniert nicht mehr, die SVP-Politiker müssten Allianzen schmieden und auf die anderen zugehen, wenn sie mehr Einfluss wollen.»
Mehr Kompromisse, mehr Themen
Die Kompromissfähigkeit der SVP ist auch in der Partei ein Thema. Nationalrat Luzi Stamm sagt gegenüber der «Rundschau»: «Wenn wir der SP oder CVP besser zuhören würden, dann würde man Allianzen bilden und besser vorwärts kommen.»
Auch Ständerat Alex Kuprecht will, dass sich die Partei mehr öffnet: «Es gibt schon Bereiche, wo die Partei kompromissfähiger werden sollte, wo sie auch eine Führungsrolle übernehmen könnte. Beispielsweise bei Fragen zur Sozialversicherung.»
Für viele SVP-Politiker sind aber die anderen Parteien der Grund, dass man oft alleine dastehe. So Nationalrat Ronald Rino Büchel: «Die SVP und die FDP haben zusammen vieles verpasst, man hätte bürgerliche Politik durchsetzen können. Das haben wir oft nicht geschafft, weil die FDP gerade mit der Westschweizer Seite nicht so bürgerlich ist, wie wir es gerne hätten.»
Kasperli-Theater isoliert
Es ist zum Slogan der SVP geworden: Wir gegen alle anderen! Die Partei zelebriert das Image des «Underdog» – auch im Bundeshaus, wo sie die grösste Fraktion stellt. Mit der FDP hätte die Partei sogar eine hauchdünne Mehrheit im Nationalrat.
Doch die SVP setzt oft – wie in der gerade beendeten Session – auf Klamauk statt Koalitionen. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi spielt am Rednerpult mit einer Marionette, Nationalrat Andreas Glarner klebt sich mit (EU)-Klebeband den Mund zu.
Mit solchen Aktionen suche die SVP die Aussenwirkung, sagt Politik-Experte Michael Hermann: «Das Kasperli-Theater war fürs breite Publikum, nicht fürs Parlament.» Das Problem: «Das macht die anderen Parlamentarier wütend, und dann wird’s schwierig, wenn man Allianzen schmieden soll. Dann ist man halt plötzlich isoliert.»