Lesen wird immer mehr zur zentralen Grundkompetenz in unserer digitalen Welt. Da reicht es nicht, die Buchstaben und Wörter zu kennen und Texte zu verstehen. Mündige Bürgerinnen und Bürger müssen Texte auch in einen Zusammenhang setzen und beispielsweise Fakten und Meinungen auseinanderhalten und Fake News erkennen können.
Schülerinnen und Schüler in der Schweiz schneiden ausgerechnet bei der Lesekompetenz mässig ab. Das gibt Silvia Steiner, der Präsidentin der Kantonalen Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), zu denken: «Man muss die Abnahme der Lesekompetenz mit einer gewissen Sorge ansehen.» Ein Grund für das ungenügende Resultat ist wohl, dass der Anteil der fremdsprachigen Kinder und Jugendlichen gestiegen ist.
Verändertes Freizeitverhalten
Für Steiner ist aber ein anderer Punkt wichtiger: das veränderte Freizeitverhalten der Kinder und Jugendlichen. «Die Studie zeigt, dass die Lesefreude abgenommen hat. Da sind auch die Eltern gefragt. Wenn die Kinder und Jugendlichen nicht mehr zum Vergnügen lesen, lernen sie schlechter. Das ist eine, wenn nicht die Hauptursache des Resultats.»
Gemäss der Pisa-Studie erreicht etwa ein Viertel der Schüler das verlangte Niveau nicht. Das stellt auch die oberste Lehrerin der Schweiz, Dagmar Rösler, fest. Die Präsidentin des Lehrerinnen- und Lehrerverbands appelliert deshalb an die Eltern im Land, mit ihren Kindern mehr zu lesen.
Frühförderung ausbauen
Ausserdem wünscht sich Rösler, dass die Kinder schon im frühen Alter stärker gefördert werden: «Vor dem Kindergartenalter muss bereits etwas für die Kinder gemacht werden. So kommen sie schon mit einem Sprachrucksäckli in die obligatorische Schulzeit.» Denn bei der Frühförderung schneidet die Schweiz im internationalen Vergleich schlecht ab.
Ein zweites Handlungsfeld sieht Lehrerpräsidentin Rösler bei Deutschkursen für ausländische Kinder: «Man darf hier auf keinen Fall Abbaumassnahmen ansetzen. Im Gegenteil: Bei fremdsprachigen Kindern muss man noch mehr fördern – vor allem im vorschulischen Bereich.»
Für EDK-Präsidentin Steiner sind die jüngsten Pisa-Resultate ein Weckruf, der im ganzen Land gehört werden müsse: «Gerade das Leseresultat schreckt hoffentlich auf. Der Schlüssel liegt darin, Eltern und Kinder zu unterstützen, die den Zugang zum Lesen nicht so gut finden.» Die Politik nimmt die mässigen Pisa-Resultate also ernst.