Gemäss dem Branchenverband Santésuisse müssen diese Personen einen besonders hohen Einkommensanteil für die Prämien aufwenden: Familien mit Jugendlichen in Ausbildung, Familien mit Kindern sowie Haushalte mit Personen im AHV-Alter.
Mit drei Massnahmen käme vor allem der untere Mittelstand zu tieferen Krankenkassenprämien. Das steht in der Santésuisse-Studie «Gesundheitsreform - Für tragbare Prämien». Sie schlägt vor, dass die Prämien für 19- bis 25-Jährige nicht mehr als die Hälfte einer Erwachsenenprämie betragen.
Die Studienautoren bezeichnen eine Finanzierung der Kinderprämien über die individuelle Prämienverbilligung (IPV) – also über Steuern – als besonders wirksam. Dadurch steige allerdings die Steuerlast für Haushalte im oberen Mittelstand und darüber.
Die dritte Massnahme ist eine verfeinerte Ausgleichsprämie zwischen Versicherern mit vielen kranken Menschen und anderen mit tiefen «Risiken». Der Risikoausgleich verhindert den Anreiz, nur noch gesunde, junge Menschen als Versicherte aufzunehmen.
Zu hohe Belastung für Millionen Menschen
Raimund Renggli, Bereichsleiter Versicherungsobligatorium/Prämienverbilligung in der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, weist darauf hin, dass schon heute die Höhe der Prämien stark einkommensabhängig ist. Tatsächlich zeigen Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG), dass 2011 schweizweit über 2,2 Millionen Menschen nur reduzierte oder als Bezüger von Sozialhife bzw. Ergänzungsleistungen gar keine Krankenversicherungsprämien bezahlen – das sind fast 30 Prozent aller Versicherten.
In Nidwalden und Uri beträgt der Anteil sogar weit über 40 Prozent. «Zielgrösse für die Ausrichtung von Subventionen ist 30 Prozent», sagt Renggli.
Hunderttausende Betreibungen
Trotz der üppigen Subventionen bleiben jedes Jahr viele Prämienrechnungen offen: Gesamtschweizerisch weist das BAG für 2011 nach Angaben der Versicherer über 400'000 Personen aus, die wegen ausstehenden Prämien der obligatorischen Grundversicherung betrieben wurden. 2005 waren es noch rund 333'000 Versicherte.
Die Kantone meldeten dem BAG für 2011 knapp 90'000 Versicherte mit Zahlungsausständen in der Höhe von rund 195 Millionen Franken.
«Die Statistik ist unvollständig», warnt Kathrin Huber, Projektleiterin KVG bei der Gesundheitsdirektorenkonferenz. «Nicht alle Kantone haben dazu Angaben gemacht. Wir sind zurzeit daran, bei den Kantonen aktualisierte und damit verlässlichere Zahlen übre die Höhe der 2012 entstandenen Zahlungsausstände zusammenzutragen.»
Im Kanton Zürich zum Beispiel sind 2012 16'011 Verlustscheine für insgesamt 29,2 Millionen Franken ausgestellt worden. «Diese Zahlen lassen sich aber mit den Vorjahren nicht vergleichen», sagt Daniela Aloisi, Leiterin Kommunikation bei der SVA Zürich. «Zudem geht daraus nicht hervor, ob die Zahlungsausstände alle 2012 entstanden sind.»
Umstrittene schwarze Listen
Einige Kantone wie Thurgau, Luzern, Schaffhausen, Solothurn, Tessin und Zug führen schwarze Listen mit säumigen Zahlern. Weitere Kantone wie der Aargau sind in der Planungsphase. Wer auf der schwarzen Liste steht, hat zum Beispiel im Kanton Thurgau nur Anrecht auf Notfall-Behandlungen.
Die Definition eines Notfalls deckt sich allerdings nicht in jedem Fall mit der medizinischen Definition. «Im Thurgau, der die Schwarze Liste quasi erfunden hat, gilt die Erstkonsultation beim Arzt auf jeden Fall als Notfall», sagt Raimund Renggli von der Zürcher Gesundheitsdirektion, «auch wenn diese Konsultation gerade den Befund ergibt, dass aus medizinischer Sicht kein Notfall vorliegt.»
Andere Kantone wie Basel-Stadt, Schwyz oder Zürich verzichten ausdrücklich darauf, eine schwarze Liste zu führen. «Im Kanton Zürich haben Säumige dasselbe Anrecht auf medizinische Leistungen wie diejenigen Patienten, welche ihre Versicherungsprämien bezahlen», sagt Renggli.