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Lockerung des Lockdowns Viel Lob und etwas Tadel für den Bundesrat

Die Erleichterung in Wirtschaft und Politik ist greifbar. Doch es gibt auch Kritik an einer allzu zögerlichen Regierung.

Die SVP machte im Vorfeld Druck auf eine rasche Lockerung der Notmassnahmen. Fraktionschef Thomas Aeschi kritisiert denn auch das Vorgehen des Bundesrates: «Er zaudert enorm. Er muss dringend Schutzmasken besorgen, Testmöglichkeiten ausbauen und eine Rückverfolgung via App ermöglichen – und dann möglichst schnell die Wirtschaft öffnen.» Schon jetzt sei der Schaden riesig.

Doch steht die SVP mit dieser Fundamentalkritik alleine da. Alle anderen Parteien unterstützen den Bundesrat, so sagt etwa CVP-Ständerat Pirmin Bischof: «Der Bundesrat hat einen guten Mittelweg gefunden.» Es gelte einerseits, die Gesundheitsrisiken klein zu halten. «Andererseits, und das hat der Bundesrat heute mehr gewichtet, die riesigen wirtschaftlichen Schäden zu minimieren.»

Der Bundesrat zaudert enorm.
Autor: Thomas Aeschi Fraktionschef der SVP

Auch FDP-Fraktionschef Beat Walti unterstützt das Vorgehen des Bundesrates. Er begrüsst, dass dieser eine Perspektive eröffne, auch wenn man mit dem Tempo zulegen könnte: «Die ersten Etappen stehen an. Für die Betroffenen ist die Realisierung mit einer gewissen Vorlaufzeit verbunden.» Die späteren Etappen könne man aber je nach Verlauf der Pandemie terminlich noch einmal überdenken.

Auch nach dem heutigen Tag bleiben viele Fragen offen, etwa wann Restaurants wieder öffnen können; aber der Bundesrat hat eine weitere Frage beantwortet, so unterstützt der Bund nun auch Selbstständige, die indirekt von den Restriktionen betroffen sind, Taxi-Fahrer etwa.

Es freut uns, dass es wirtschaftlich wieder etwas losgeht. Die Zahlen waren sehr beunruhigend. Stark steigende Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit auf ungekanntem Niveau.
Autor: Daniel Lampart Chefökonom Schweizerischer Gewerkschaftsbund

Ein richtiger und kluger Entscheid, findet SP-Fraktionschef Roger Nordmann, weil nur diejenigen Geld bekommen, die im letzten Jahr weniger als 90'000 Franken verdienten: «Das ist eine gute Kompromisslösung. Es kostet nicht zu viel und hilft denjenigen, die es brauchen.»

Die etappenweise Lockerung des Shutdowns

Aus der Wirtschaft war zuletzt der Ruf nach Lockerungen lauter geworden. Das grösste Lob für die bundesrätliche Exit-Strategie gibt es von den Gewerkschaften. Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, sagt: «Es freut uns, dass es wirtschaftlich wieder etwas losgeht. Die Zahlen waren sehr beunruhigend. Stark steigende Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit auf ungekanntem Niveau.»

Zudem begrüsst er, dass der Bundesrat den Schutz von gesundheitlich besonders gefährdeten Angestellten konkretisiert hat. Das Lockern in Etappen kommt auch auf Seiten der Unternehmen grundsätzlich gut an. So sagt Heinz Karrer vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse: «Wir sind froh, dass der Bundesrat nun entschieden hat, eine schrittweise Lockerung zu vollziehen.»

Wir sind nicht glücklich darüber, dass der Detailhandel nicht schon von Beginn weg einbezogen ist. Das wäre für uns zwingend als erster Schritt nötig gewesen.
Autor: Hans Karrer Präsident Economiesuisse

Er hätte sich allerdings – wie übrigens die meisten anderen Wirtschaftsvertreter – schon auf den 27. April eine breitere Lockerung gewünscht: «Wir sind nicht glücklich darüber, dass der Detailhandel nicht schon von Beginn weg einbezogen ist. Das wäre für uns zwingend als erster Schritt nötig gewesen.»

Eine Kritik, die auch Hans-Ulrich Bigler vom Schweizerischen Gewerbeverband umtreibt. Er kritisiert mit Blick auf die vielen KMU, die ihre Ladentüren erst Mitte Mai öffnen dürfen: «Grossverteiler können dagegen das gesamte Sortiment anbieten. Das ist ein absoluter Affront.»

Valentin Vogt vom Schweizerischen Arbeitgeberverband kann den Ärger nachvollziehen – er schlägt aber versöhnliche Töne an: «Wenn man in 1,2 zwei Jahren zurückschaut, ob etwas am 27. April oder am 11. Mai aufgegangen ist, wird das Nebensache sein. Wichtig ist, dass ein konkreter Fahrplan vorliegt, damit alle planen können.»

Echo der Zeit vom 16.04.2020, 18 Uhr ; 

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